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Die Bestellung der halbautomatischen Pulveranlage durch die Hanse MV ging Anfang Juli 2022 bei Meeh ein.
Foto: Meeh
Die Bestellung der halbautomatischen Pulveranlage durch die Hanse MV ging Anfang Juli 2022 bei Meeh ein.

Oberflächentechnik

Pulverbeschichten der nächsten Generation

Etwa zeitgleich mit der Übergabe der Geschäftsführung wurde der Standort der Hanse MV zu klein. Ein neues Werk musste her – und mit ihm auch eine neue Beschichtungsanlage.

Unter Kaufleuten steht „hanseatisch“ seit Jahrhunderten für Bodenständigkeit und Zuverlässigkeit. Weil diese Werte auch Teil der DNA eines Lohnbeschichtungsbetriebs aus der Nähe von Rostock sind, entschied sich dieser, diese Bezeichnung direkt im Namen zu tragen: Seit Oktober 2021 firmiert die frühere Reining GmbH als Hanseatische Metallveredelung, kurz Hanse MV. Ihr heutiger Geschäftsführer Artem Melman hatte 2007 als Praktikant bei Reining in Roggentin angefangen und im Jahr darauf mit seiner Ausbildung als Verfahrenstechniker für Beschichtungstechnik begonnen. Da der Betrieb bereits ein halbes Jahr später auf die Pulverbeschichtung umstieg, lernte Melman das Verfahren von der Pike auf kennen – vom Aufbau der neuen Anlage, einer „Jumbo-Coat“ von Meeh, über ihre Inbetriebnahme bis zum ersten gepulverten Werkstück. Nach dem Ende der Lehre 2011 wurde er zur rechten Hand des Produktionsleiters und übernahm später dessen Job. Nach weiteren vier Jahren bekam Melman gemeinsam mit Tochter und Sohn des Firmengründers die Geschäftsführung übertragen, doch die Geschwister stiegen bald wieder aus.

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Zusammenschluss mit der S+T Fassaden GmbH

Zeitgleich war am Standort Roggentin ein Limit an Entwicklungs- und Expansionsmöglichkeiten erreicht. Der Geschäftsführer wollte jedoch nicht allein weitermachen und einen weiteren Partner an Bord haben, und so kam 2021 die S+T-Gruppe ins Gespräch. Zur Gruppe gehören die S+T Fassaden GmbH mit Sitz in Tessin, für die Reining immer wieder Sonderteile beschichtet hatte, sowie weitere Standorte in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Mit dem Einstieg bei der Hanse MV äußerte die S+T-Geschäftsführung den Wunsch, dass der Beschichtungsbetrieb auf das benachbarte Grundstück in Tessin ziehen möge, um die Wege kurz zu halten. „Zwar hatten wir schon ein Grundstück an unserem früheren Standort in Aussicht, aber nach einigem Abwägen haben wir uns für Tessin entschieden. Die kurzen Wege sind Gold wert, und das Hin und Her zwischen den Standorten bezahlt ohnehin niemand“, sagt er.

Umzug nach Tessin

Das Tessiner Grundstück der Hanse MV hat eine Fläche von rund 6.000 m². Im März 2022 erfolgte der erste Spatenstich für die neue Halle, die rund 1.250 m² umfasst; die Lackieranlage nimmt darin rund 1.000 m² ein. Dass am neuen Standort eine neue Anlage stehen sollte, stand bereits frühzeitig fest. Nein, eigentlich hatte das Projekt „Neue Anlage“ bereits 2015 für den Standort Roggentin begonnen, wo die neue Anlage in die alte Halle integriert werden sollte. Als dann klar war, dass ein Umzug erfolgen würde, wurde die Planung entsprechend geändert. Dafür kam laut Melman nur Anlagenbauer Meeh in Frage, denn die alte Anlage, das Jumbo-Coat-Fabrikat, hatte die ganzen Jahre über zuverlässig funktioniert. „Ich war ja quasi der Hausmeister der alten Anlage und kannte sie seit ihrem Aufbau. Wir waren hoch zufrieden damit. Sie war recht einfach gestrickt, sodass Service kaum nötig war“, sagt er. Sie wurde per „Kleinanzeigen“ nach Essen verkauft – ganze zwölf Interessenten hatten sich gemeldet.

Aufwändige Planung für Wasserschutzgebiet

Die Bestellung der halbautomatischen Pulveranlage ging Anfang Juli 2022 bei Meeh ein. Wie sich Geschäftsführer Ulrich Meeh erinnert, sei die Anlagenplanung ein komplizierter Fall gewesen, da sich der Betrieb in einem Wasserschutzgebiet 3 befindet – also in einem Trinkwasser-Einzugsgebiet: „Ich habe wohl noch nie vor so hohen Anforderungen gestanden, um die Havarie von Gefahrenstoffen zu verhindern“, sagt er. Diese müssen bei der Hanse MV doppelt gesichert werden. Deshalb befindet sich die Vorbehandlungschemie nun in einer 21 m² großen Betonwanne. „Und wir mussten eine unterirdische und doppelwandige Rohrleitung mit chemisch beständigen Schläuchen noch einmal durch einen Auslaufsensor für Feuchtigkeit verstärken“, berichtet Meeh von den Vorsichtsmaßnahmen.

Montage schneller als geplant

Für die Aufbauzeit waren zwölf Wochen eingeplant, zehn wurden tatsächlich benötigt. Ausgeliefert wurde die Anlage bereits im August 2022, und bei der Montage sei wenig schiefgelaufen, erinnert sich der Geschäftsführer. Wenn tatsächlich mal ein Teil fehlte, dann traf es umgehend per Expressversand ein. Zwei Meeh-Mitarbeiter waren in dieser Zeit beim Aufbau vor Ort, Hanse MV stellte ebenfalls zwei Mitarbeiter ab, und Melman selbst fungierte als Springer. „Wir haben es geschafft, die beiden Öfen in nur einer Woche aufzubauen“, erklärt er stolz. Sein Wunsch war es gewesen, dass die Kunden den Umzug nicht zu spüren bekämen. So wurde zwei Wochen lang ein Parallelbetrieb in Roggentin und in Tessin gefahren – und der komplette Umzug im November 2022 dann innerhalb von zwei Tagen über die Bühne gebracht.

Von Alu bis Edelstahl

Das Tessiner Team beschichtet Werkstücke aus Alu, Stahl, Edelstahl sowie verzinkte Teile bis zu einer Länge von 6 m, einer Höhe von 3 m und einer Breite von 2,5 m. Ihr Maximalgewicht liegt bei 1 t. Die Kunden stammen vornehmlich aus dem Maschinenbau – von Sägen über Kühlaggregate bis zu Windenergieanlagen und Kranteile. „Wir haben fünf Großkunden und einen Einzugradius von 100 Kilometern“, erzählt Melman. Die Tessiner Jumbo-Coat-Anlage besteht aus vier einzelnen Prozesskabinen, die parallel zueinander angeordnet sind: eine Pulverkabine, ein Haftwassertrockner, ein Einbrennofen und eine vollautomatische Waschkabine für Werkstücke bis 1.200 mm Breite, in der sperrige Teile bis 2.500 mm Breite manuell gereinigt werden kann, via Hochdrucklanze.

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Das Tessiner Team beschichtet Werkstücke aus Alu, Stahl, Edelstahl sowie verzinkte Teile bis zu einer Länge von 6 m, einer Höhe von 3 m und einer Breite von 2,5 m.
Foto: Meeh
Das Tessiner Team beschichtet Werkstücke aus Alu, Stahl, Edelstahl sowie verzinkte Teile bis zu einer Länge von 6 m, einer Höhe von 3 m und einer Breite von 2,5 m.

„Parkplatz“ bald zu klein

Vor den Anlagenkomponenten befindet sich ein großer „Parkplatz“ mit insgesamt 34 Lasttraversen – eine Steigerung um zehn Traversen im Vergleich zu vorher. Eigentlich waren sie als Puffer eingeplant, der jedoch schon jetzt in zunehmendem Maße ausgereizt ist. „Unser Rekord lag kürzlich bei 39 Lasttraversen an einem Tag“, so Melman. „Im Nachhinein wäre es wohl besser gewesen, direkt auf eine Traversenlänge von sieben Metern zu gehen.“ Die Verbindung zwischen den einzelnen Anlagenteilen bilden drei elektrische Querfahrbühnen. Sie sind mit drei beziehungsweise fünf Schienen sowie mit Hub-Senk-Station ausgestattet. Für den Quertransport vor den Kabinen werden die Lasttraversen auf den Querfahrbühnen elektrisch, für den Transport in die Kabinen manuell gefahren. Damit ist eine flexible Be- und Entladung der Traversen an jedem Parkplatz möglich. Zahlreiche Stichbahnen dienen als Zwischenlager.

Unterschiedliche Prozessschritte in nur einer Kabine

Bei der Waschkabine handelt es sich um einen Waschautomaten, in dem sich Werkstücke vorbehandeln lassen – manuell oder automatisch, je nachdem, wie es die Geometrie erfordert. „Die unterschiedlichsten Prozessschritte wie Entfetten/Phosphatieren, 2 mal Kreislaufspülen, VE-Spüle und die No-Rinse-Passivierung sind in nur einer Kabine möglich“, erklärt Dietmar Damm, der bei Anlagenhersteller Meeh als Vertriebsingenieur tätig ist, „für Stahl sowie Beize für Aluminium“. Bei der automatischen Programmwahl fährt ein Waschkranz, ähnlich wie in einer Autowerkstatt, über die Bauteile, die auch bei mehrreihiger Anordnung komplett umspült werden. Im manuellen Modus arbeiten die Werker mit Handlanzen. Die Vorbehandlungskabine ist mit mehreren Stichbahnen, einer Luftabsaugung, sowie zur Neutralisierung der Beize mit einem Abluftwäscher ausgestattet.

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Bei der Waschkabine handelt es sich um einen Waschautomaten, in dem sich Werkstücke vorbehandeln lassen – manuell oder automatisch, je nachdem, wie es die Geometrie erfordert.
Foto: Meeh
Bei der Waschkabine handelt es sich um einen Waschautomaten, in dem sich Werkstücke vorbehandeln lassen – manuell oder automatisch, je nachdem, wie es die Geometrie erfordert.

Redundanter Ofenaufbau

Nach dem Durchlauf im Waschautomaten werden die Bauteile über das Traversensystem in den Haftwassertrockner gefahren, der sich parallel zum Pulverofen befindet. Beide Öfen sind redundant mit derselben Heizleistung ausgestattet. Der Haftwassertrocknertrockner läuft in der Regel aber nur bei 120 °C. Bei hohem Pulveraufkommen kann der HWT aber auch als Einbrennofen mit bis zu 220°C genutzt werden. Die manuelle Pulverkabine ist bei Hanse MV ganz links angeordnet. Sie verfügt über eine Bodenabsaugung mit Patronenfilter für das Overspray, sowie über eine vertikale Luftführung von der Kabinendecke zum Boden. „Die gereinigte Luft wird anschließend über einen Sicherheitsfilter zurück in die Halle geführt“, erklärt Vertriebsingenieur Damm. Die CO2-Brandunterdrückungsanlage sichert die Pulverkabine vor einer Staubexplosion.

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Beide Öfen sind redundant mit derselben Heizleistung ausgestattet. Der Haftwassertrocknertrockner läuft in der Regel aber nur bei 120 °C. Bei hohem Pulveraufkommen kann der HWT aber auch als Einbrennofen mit bis zu 220°C genutzt werden.
Foto: Meeh
Beide Öfen sind redundant mit derselben Heizleistung ausgestattet. Der Haftwassertrocknertrockner läuft in der Regel aber nur bei 120 °C. Bei hohem Pulveraufkommen kann der HWT aber auch als Einbrennofen mit bis zu 220°C genutzt werden.

Weitere Ausbauprojekte geplant

Der Betrieb zählt inzwischen 18 Mitarbeiter, von denen vier im Büro beschäftigt sind, sowie einen Auszubildenden. Weil bei Hanse MV demnächst im Zweischichtsystem gearbeitet wird, ist eine größere Verdampferanlage vonnöten. In dieser werden sämtliche Abwässer in einem geschlossenen Kreislauf abwasserfrei wiederaufbereitet, durch Computer kontrolliert und über Selektivtauscher geführt. Im Herbst 2023 soll sie durch ein neues 100-l-Modell des Herstellers Hartmann ersetzt werden, da das bisherige Volumen des Probeverdampfers nicht mehr ausreicht. Meeh ist mit der Integration in die Anlagentechnik beauftragt. „Wir haben gern sämtliche, von Meeh vorgeschlagene Zulieferer übernommen. Wenn man ein Problem hat, dann kommen die“, so Melmans Erfahrung. Demnächst soll noch eine weitere Querfahrbühnen integriert werden. Weitere Ausbauprojekte, etwa ein Bürogebäude und eine Lagerhalle, sind als nächste Schritte geplant. Bisher steht nur ein 500 m² großes Schleppdach für die Anlieferung und Lagerung der Metallteile zur Verfügung. „Dadurch, dass wir auf neue und bessere Technik gesetzt haben, konnten wir unseren Umsatz schon jetzt deutlich steigern“, fasst der Geschäftsführer zusammen. Mit dieser Ausstattung kann die Hanse MV der steigenden Nachfrage nach hochwertiger Beschichtung nachkommen und ihrem hanseatischen Versprechen als zuverlässiger Geschäftspartner dauerhaft gerecht werden.

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