Trumpf feierte im Sommer sein 100-jähriges Jubiläum. Was ist das Erfolgsrezept des Unternehmens? Wir haben nachgefragt.
Herr Mayer, 100 Jahre Trumpf heißt auch, viele wichtige Entscheidungen in dieser Zeitspanne zu treffen. Was sind aus Ihrer Sicht die technologischen Meilensteine für diese Erfolgsgeschichte?
Ganz entscheidend war mit Sicherheit die Internationalisierung des Unternehmens ab 1960. Wir haben sehr früh Auslandsgesellschaften in der Schweiz oder den USA gegründet. Trumpf war zudem eines der ersten deutschen Unternehmen, das in China einen Standort eröffnet hat. Technologisch war mit Sicherheit die numerische Bahnsteuerung ein Quantensprung. Wegweisend war außerdem der Einstieg ins Lasergeschäft. Als erstes deutsches Unternehmen hat Trumpf das Potenzial der Technologie für die Blechfertigung erkannt und dahingehend Lösungen entwickelt. Die Einführung der TruMatic L3000 mit fliegender Optik im Jahr 1986 war bahnbrechend in der Branche. Aus der Lasertechnik heraus haben wir weitere Geschäftsfelder erschlossen, etwa die EUV-Lithografie zur Herstellung von Halbleitern oder auch die Additive Fertigung.
Ist das Laserschneiden von Blechen dann eine Trumpf-Entwicklung?
Ja, Trumpf hat als eines der ersten Unternehmen das Schneiden von Blechen mit dem Laser für die Industrie ermöglicht.
Was war neben den technologischen Entscheidungen wichtig für die Unternehmensentwicklung?
Ein wesentliches Merkmal von Trumpf, das uns von anderen Firmen unterscheidet, ist unsere Unternehmenskultur. Wir leben eine Kultur des ständigen Verbesserns und Hinterfragens. So haben wir in den 90ern als einer der ersten Maschinenbauer in Deutschland die Fließfertigung eingeführt. Wir haben unsere Prozesse sehr früh systematisiert und uns stark an der Lean-Philosophie orientiert. Dazu kommt das Thema Nachhaltigkeit als Teil unserer DNA als Familienunternehmen. Wir denken langfristig und nehmen auch einmal mehr Geld in die Hand für Dinge, die sich erst später auszahlen. Unsere Kunden begleiten wir langfristig, anstatt das schnelle Geschäft zu suchen. Wir raten ihnen auch von Investitionen ab, wenn sie aus unserer Sicht nichts bringen. Für Trumpf hat sich das ausgezahlt. Auch auf industrielle Langlebigkeit legen wir seit jeher höchsten Wert. Dadurch konnten wir viele Krisen meistern.
Sie betonten das Familienunternehmen. Welche Rolle spielt das für die Unternehmenskultur von Trumpf?
Die Unabhängigkeit von Investoren hat natürlich einige Vorteile.
Man darf zum Beispiel langsamer wachsen?
Ja, zum Beispiel. Investoren im Hintergrund erzeugen einen hohen Druck, da sie schnellen Erfolg erwarten. Das führt oft zu einem raschen Austausch im Management, wenn die Zahlen gerade nicht stimmen. Solche Faktoren spielen in einem Familienunternehmen, das tendenziell langfristiger denkt, keine große Rolle. Hinzu kommt bei Trumpf die finanzielle Unabhängigkeit. Wir haben eine sehr gute Eigenkapitalquote und sind daher nur begrenzt auf Banken angewiesen. Diese Unabhängigkeit ist ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal, was uns als Familienunternehmen auszeichnet. Die finanzielle Unabhängigkeit führt auch dazu, dass wir unternehmerische Entscheidungen viel schneller und auch freier treffen können. Das macht uns deutlich flexibler im Umfeld stetiger Veränderung.
Zur Unternehmenskultur gehört mehr als die Art der Unternehmensführung. Was ist für Trumpf dabei noch wichtig?
Ganz entscheidend ist das Wertegerüst bei Trumpf. Sie können sich vorstellen, dass uns das Umsatz kostet. Aber langfristig zahlt sich eine konsequente Haltung und das Verteidigen seiner Unternehmenswerte aus. Die Kunden spüren, dass Trumpf ein zuverlässiger, ehrlicher Partner ist, selbst wenn uns auch nicht immer alles gelingt, wie z.B. die ein oder andere späte Lieferung während der Lieferketten-Krise in 2022.
Und welche Philosophie steckt bei Trumpf bei einem gleichzeitig immer schwieriger werdenden Arbeitsmarkt hinter dem Umgang mit den Mitarbeitern?
Berthold Leibinger hat einmal gesagt: „Gute Produkte entstehen in einer guten Umgebung.“ Das ist für uns nach wie vor ein wichtiger Leitsatz. Wir wollen für unsere Mitarbeiter ein Umfeld im Unternehmen schaffen, das es ihnen ermöglicht, Verantwortung und individuelle Freiräume wahrzunehmen und so kreative Lösungen zu finden. Das sehen Sie zum Beispiel an unserem Betriebsrestaurant, dem Blautopf. Hier gibt es nicht nur ausgezeichnetes Essen zu günstigen Preisen, das Gebäude wurde auch schon mehrfach für seine Industriearchitektur ausgezeichnet. Wir haben zudem ein internes Programm gestartet, in dem wir uns mit Fragen zu unserer Struktur oder auch mit unserer Feedbackkultur beschäftigen.
Sie haben gerade einen schönen Leitsatz erwähnt. Gibt es noch weitere wichtige Maxime, die für die Kultur bei Trumpf stehen?
Am wichtigsten für uns ist die Überzeugung, dass unser unternehmerischer Erfolg maßgeblich vom langfristigen Erfolg unsere Kunden abhängt. Vereinfacht gesagt: Ist unser Kunde erfolgreich, sind wir es auch. Als Familienunternehmen verstehen wir uns zudem als Teil der Gesellschaft, in der wir Verantwortung übernehmen wollen. Das beginnt bei der Kita an unserem Stammsitz in Ditzingen bis hin zur Teilnahme am politischen Diskurs. Auch im kulturellen Bereich engagieren wir uns stark mit einer Stiftung. Und letztlich ist es uns wichtig, langfristige Unternehmenswerte zu schaffen. Dabei investieren wir auch sehr viel in Grundlagenforschung, machen kontinuierlich Studien über die Wirkung unserer Produkte. Alle unsere Entwicklungen basieren auf dem aktuellen Stand der Technik und der Wissenschaft. Dadurch sind unsere Produkte robust, aber auch berechenbar. Das bedingt auch eine sehr hohe Wertschöpfung innerhalb des Unternehmens.
Wenn ich es richtig verstehe, ist aus diesen Unternehmensgrundsätzen auch das Programm „Internehmertum“ entstanden. Können Sie die Idee, die dahinter steckt, noch etwas genauer skizzieren?
Einmal im Jahr tragen wir Ideen zusammen. Da kommen dann fünf bis zehn Vorschläge unserer Mitarbeiter für ein Start-up auf den Tisch. Die Mitarbeiter stellen wir dann für drei Monate mit der Hälfte ihrer wöchentlichen Arbeitszeit frei, um die Idee weiterzuentwickeln. Nach dem abschließenden Pitch fällen wir eine Entscheidung, ob wir die Idee verwerfen, im Unternehmen weiterverfolgen oder ausgründen. Durch diesen Prozess entwickeln sich unsere Mitarbeiter weiter – egal wie es mit ihrer Idee ausgeht.
Und wie ist die Erfahrung mit den bisher ausgegründeten Projekten?
Mal gut, mal schwierig. Nicht jede Idee wird ein Erfolg. Aber manche Ausgründungen sind schon ziemlich erfolgreich geworden, wie beispielsweise Optimate oder ScaleNC. Auch unsere Tochter Quant ist ebenso aus dem Internehmertum heraus entstanden. Die Ausgründung im Bereich Quantenphysik kommt gut voran und hat mittlerweile mehrere Produktserien und über 100 Mitarbeiter.
Sie ziehen also ein positives Fazit, was das Internehmertum angeht?
Auf jeden Fall. Wie sich die einzelnen Projekte monetär auswirken, wird sich natürlich erst noch zeigen. Aber was die Personalentwicklung, Ideengenerierung und auch die Unternehmenskultur angeht, ist das eine tolle Sache. Wir zeigen unseren Mitarbeitern, dass sie die Möglichkeit haben, hier im Unternehmen gute Ideen weiterzuentwickeln.