Energiepreise steigen auf das Zwei-, Drei- oder gar Vierfache. Die Liquidität automobiler und industrieller Zulieferer schrumpft drastisch, rote Zahlen sind in Sicht. Doch ihre Kunden ignorieren die Lage. Und riskieren so fehlende Bauteile und neue Produktionsstopps, warnen Industrieverbände. Ohne Schrauben, Blechteile & Co. werden die Bänder in der Auto-, Waggon- und Windkraftanlagenproduktion stehen bleiben. Doch das muss nicht sein „Unsere Mitgliedsunternehmen aus der Zuliefererindustrie brauchen faire Gespräche und Kunden, die sich an den Energiepreiserhöhungen beteiligen“, fordern die Industrieverbände Blechumformung (IBU) und Massivumformung (IMU) sowie der Deutsche Schraubenverband (DSV).
Verhandlungen laufen
Die Zulieferer verhandeln mit ihren Abnehmern gerade über die mehr als 50-prozentigen Materialkostenanstiege. Parallel dazu erreicht sie der nächste Preisschock in Form erdrückender Energiekosten. „Diese waren bisher kein Verhandlungsthema, müssen es aber dringend werden“, so IBU-Geschäftsführer Bernhard Jacobs. „Die Anstiege – um Faktor zwei bis vier mit Potenzial nach oben – überfordern die gebeutelten Stahl- und Metallverarbeiter hoffnungslos.“ Die meisten Zulieferer haben Einsparpotenziale längst ausgereizt, die Abschaffung der EEG-Umlage ist durch gleichzeitige Strompreissteigerungen verpufft. „Kurzfristig wird ihre Liquidität das größte Problem sein. Ohne die Unterstützung aus der Lieferkette steuern die Zulieferer von ihrer knappen einstelligen EBIT-Marge auf tiefrote Zahlen zu“, unterstreicht Jacobs.
Lieferketten am seidenen Faden
Gesprächsbereitschaft und Fairness innerhalb der Wertschöpfungskette sind gefragt. Noch pochen die Kunden der meist mittelständischen Zuliefererindustrie auf bestehende Verträge und bezweifeln die von ihren Lieferanten genannten Energiepreiserhöhungen. „Unterschiedliche Laufzeiten und Abschlusszeitpunkte sorgen für unterschiedliche Steigerungen, das wird sich aber bald relativieren. Die massiven Anstiege werden alle Unternehmen treffen – das gibt der Markt vor“, erklärt Hans Führlbeck, Geschäftsführer des Deutschen Schraubenverbandes. Er fordert schnelles, konsequentes Handeln, um energieintensiv produzierte Produkte in Deutschland zu halten: „Wenn Zulieferer auf den Preissteigerungen sitzen bleiben, werden Lieferketten reißen. Und damit für die Automobil- und Industrieproduktion wichtige Produkte aus dem Markt fallen. Das lässt sich nur verhindern, indem wir die Krise fair und gemeinsam bewältigen.“ „Den neuen Grundsätzen des VDA zur Zusammenarbeit zwischen Automobilherstellern und ihren Partnern müssen jetzt Taten folgen“, ergänzt IMU-Geschäftsführer Tobias Hain. „Das Papier beschreibt alles sehr schön. Ohne Umsetzung ist es aber eben nur ein Stück Papier.“ Und auch die Politik sei gefordert: Ein Strompreisdeckel – finanziert durch Sonderabgaben auf die Windfall-Effekte aus dem gaspreisgetriebenen Merit-Order-System – sei notwendig und auch möglich.