Image
 Dr.-Ing. Stephan Mayer, CEO Trumpf Machine Tools und Mitglied des Vorstands der Trumpf SE + Co. KG.
Foto: Verena Müller
Dr.-Ing. Stephan Mayer, CEO Trumpf Machine Tools und Mitglied des Vorstands der Trumpf SE + Co. KG.

Management

Effizienter Materialeinsatz ist ein wichtiger Hebel

Trumpf CEO Machine Tools, Dr.-Ing. Stephan Mayer, erklärt im zweiten Teil unseres Exklusivinterviews, wie KI in der Blechbearbeitung eingesetzt werden kann, die Blechbearbeitung nachhaltiger wird und natürlich, was auf der Blechexpo gezeigt wird .

Trumpf feierte im Sommer sein 100-jähriges Jubiläum. Was ist das Erfolgsrezept des Unternehmens? Wie will das Unternehmen die Zukunft erfolgreich gestalten? Wir haben nachgefragt.

Herr Mayer, bevor wir in die Zukunft blicken, möchte ich über die derzeitige internationale Situation sprechen. Gerade mit Russland und China haben wir ja derzeit eine schwierige Situation, was die Geschäftsbeziehungen angeht. Wie wirkt sich das auf Trumpf aus und wie gehen Sie damit um?

Russland war für uns kein großer Markt. Wir haben uns nach Ausbruch des Krieges sofort dazu entschieden, keinerlei Maschinen oder Ersatzteile mehr dorthin zu liefern. Das hatte glücklicherweise aber auch keinen großen Einfluss auf unsere Umsatzzahlen.

China hingegen ist für uns als Trumpf-Gruppe ein substanzieller Markt, ebenso wie für fast alle deutschen Industrieunternehmen. Spätestens seit der Covid-Krise wissen wir, dass das Land nicht nur als Absatzmarkt wichtig ist, sondern auch für unsere Lieferketten bei den Maschinenkomponenten. Bereits wenige Wochen Hafenschließung in Shanghai haben in Europa die Fließbänder zum Stehen gebracht.

Aus den gemachten Erfahrungen heraus versuchen wir, die Abhängigkeit zu reduzieren. Trumpf verfolgt dabei mit Local for Local-Ansätzen und Triadenfertigung eine mehrdimensionale Strategie für mehr Autarkie. Dazu gehört, dass wir Produkte für die lokalen Märkte auch hinsichtlich der Komponentenzulieferung anpassen, also auf dem jeweiligen Markt mit lokalen Komponentenherstellern arbeiten. Zudem bauen wir Lagerbestände auf, um einen Puffer zu haben, falls die Lieferketten wieder bröckeln.

Nun aber der Blick nach vorne. Nach dem Erschließen der Quantentechnologie: Was für Geschäftsfelder können wir denn zukünftig noch von Trumpf erwarten?

Die Quantentechnologie gehört für mich noch in die Zukunft. Ein anderes spannendes Zukunftsthema ist die Kernfusion. Ob und wann die kommt, steht zwar noch nicht fest. Ich kann mir aber vorstellen, dass wir als weltweit führendes Unternehmen bei der Industrialisierung von Hochleistungslasern hier irgendwann eine Rolle spielen. Denn wir haben grundsätzlich die technologische Fähigkeit, die für Fusionskraft benötigen Laser zu bauen.

Lassen Sie uns noch auf Trumpf Werkzeugmaschinen für die Blechbearbeitung eingehen. Trumpf sieht sich ja als Lösungsanbieter und will daher auch im Einstiegssektor mit Maschinen auf dem Markt auftreten. Wie wurde das bisher vom Markt angenommen?

Lösungsanbieter heißt für uns, dass wir uns damit beschäftigen, wo der jeweilige Kunde derzeit steht und was er als nächstes braucht. Das muss nicht immer eine Smart Factory sein. Oft reicht eine Software oder Automatisierung, oder auch nur eine Beratung zur Prozessverbesserung. Wir wollen eine Beziehung zu unseren Kunden aufbauen, um mit ihnen gemeinsam die nächsten Schritte für ihr  geplantes Wachstum zu besprechen. Die Maschinen müssen heute immer mehr als Einheit, bzw. als Teil eines Gesamtprozesses funktionieren. Darin liegt aus unserer Sicht das größte Potenzial für die Fertigung, größer noch als in der Performance der einzelnen Maschinen. Vielen Kunden reicht auch eine einfache Anlage, um ihre Ziele zu erreichen. Deshalb bieten wir seit der Blechexpo 2021 immer mehr solcher Einstiegsmaschinen an. Die Investitionskosten sind 30% bis 40% geringer, aber bei den Services und der Ersatzteilversorgung stehen die Maschinen unseren High-End-Lösungen in nichts nach. Bisher kommt das neue Portfolio sehr gut an.

Mehr Maschinen im Markt brauchen aber auch mehr Betreuung. Lässt sich diese Servicequalität denn aufrechterhalten, auch für kleine Unternehmen?

Unser Anspruch und unser Versprechen ist, dass wir allen Unternehmen den gleichen, herausragenden Service anbieten. Nur so können wir die Kunden erfolgreicher machen als deren Wettbewerber. Wenn ein Kunde vor 15.00 Uhr ein Ersatzteil bestellt, verlässt es am selben Tag unser Ersatzteilzentrum. Leider hat dies während der Krise nicht immer zu 100 % funktioniert, doch glücklicherweise entspannen sich die Lieferketten seit einigen Monaten wieder deutlich. Zudem entwickeln wir unsere Services auch weiter und können viele Probleme mittlerweile auch remote lösen, zum Beispiel, indem wir von Trumpf aus auf die Maschine des Kunden zugreifen. Das erspart oft Servicetechnikereinsätze vor Ort und der Kunde kann die Maschine schneller wieder einsetzen.

Vor rund zwei Jahren hat Trumpf Lantek übernommen. In diesem Jahr dazu noch Anteile von Stopa. Welche Strategie steckt dahinter?

Wir setzen beim Ausbau der Smart Factory-Lösungen stark auf Partnerschaften und offene Standards. Mit der Beteiligung an Stopa wollen wir die Partnerschaften ausbauen und weitere Synergien nutzen. Außerdem schafft die Beteiligung auch wichtige Planungssicherheit im komplexen Projektgeschäft. Die Stopa-Lagersysteme lassen sich dabei optimal an die wachsenden Herausforderungen moderner Smart Factory Fertigungen anpassen oder in bestehende Fabriken integrieren.

Und wie wirkt sich die Lantek-Übernahme aus?

Der Absatzmarkt im Bereich Software wird eine immer wichtigere Rolle einnehmen. Denn die großen Energieeffizienzverbesserungen in einer verketteten Fertigung lassen sich allein durch Hardware nicht mehr heben. Die Lantek-Software ergänzt dabei unsere Trumpf-Software. Über eine Zwei-Marken-Strategie können wir auch den OEM-Kanal abseits von Trumpf-Hardware mit Innovationen bespielen. Mit den CAD/CAM-Systemen beider Marken erreichen wir wesentlich mehr Kunden und können ihnen ein effizientes Shopfloor-Management mit Einsparpotenzialen anbieten, etwa durch ausgereifte Nesting-Algorithmen. Auch gibt es Kunden, die nicht nur Trumpf Maschinen besitzen. Diese Kunden bekommen mit Lantek nun auch bessere Software für ihre Nicht-Trumpf-Marken.

Nachhaltigkeit, derzeit konkret ja CO2-Einsparungen, wird ja in der zukünftigen Fertigungswelt ein immer wichtigeres Thema. Wo sind da aus Sicht von Trumpf noch Einsparpotenziale?

Nachhaltigkeit war für Trumpf in unserer 100-jährigen Unternehmensgeschichte schon immer ein wichtiges Thema. Das beginnt damit, dass unsere Maschinen für eine Lebensdauer von 20-30 Jahren ausgelegt sind.  Das Thema Energieeffizienz definieren wir anhand der EU-Regularien für Scope1, 2 und 3. Das Material in der Fertigung effizient einzusetzen, ist für mich ein weiterer, ganz wesentlicher Punkt. Denn der Energieverbrauch von uns als Hersteller steht im Verhältnis zum Verbrauch unserer Kunden bei 1:10 bis 1:20. Wir brauchen also viel weniger Energie bei der Maschineherstellung als unser Kunde über den Lebenszyklus der Maschine. Unser Kunde wiederrum braucht für die Verarbeitung des Blechs nur 1/10 bis 1/20 an Energie gegenüber dem Stahlwerk, das das Blech fertigt. Wir bieten mittels Scheduling und Nesting die effizienteste Materialausnutzung am Markt an. Mit unserer Laserblanking-Anlage gehen wir noch einen Schritt weiter. Durch das Schneiden von der Rolle entfallen viele der Restschnitte und der Anwender spart Material sowie Logistikkosten.

Und trotzdem arbeiten Sie doch auch an einer Verbesserung der Energieeffizienz der Trumpf-Maschinen?

Sicher arbeiten wir am Energieverbrauch unserer Maschinen. Wir arbeiten aber auch daran, mit weniger Laserleistung dieselben guten Ergebnisse bei der Schneidgeschwindigkeit und -qualität zu erreichen. Je nach Teilesegment kann zum Beispiel eine Stanz-Kombimaschine gegenüber einer Schneidmaschine mit hoher Laserleistung die bessere  Lösung sein. Denn mit Hilfe unserer Delta-Drive-Technologie benötigen wir gegenüber dem Laserschneiden nur ein Viertel der Energie pro geschnittenem Meter. Wir verbauen außerdem fast nur noch Faserlaser anstelle CO2-Laser in unsere Maschinen. Das ist deutlich energieeffizienter.  Nicht zuletzt arbeiten wir an neuen KI-Lösungen, die wir in unsere Software integrieren, wie etwa das Verfahren „Active Speed Control“. Die Technologie prüft mithilfe einer integrierten Kamera die Schnittqualität des Lasers und lenkt ein, wenn Fehler entstehen. Damit verhindern wir Ausschuss und sparen Material.

Sie haben das Thema KI angesprochen. Der Begriff wird heute gerne mal schnell verwendet. Wie definieren Sie denn für Trumpf KI?

Wenn ein Algorithmus solange mit Daten gefüttert wurde, dass er neue Situationen schneller erkennt und bessere Entscheidungen trifft als ein Mensch oder ein konservativer Algorithmus, sprechen wir bei Trumpf von KI. Der Ansatz kommt bei uns in zwei zentralen Anwendungsfeldern zum Einsatz: Prozessoptimierung durch Diagnose und präventive Vorhersage.

Ein Beispiel: Ein wesentlicher Bereich ist die Erkennung von Mustern in Daten. Ich sprach ja vorher von der Kamera, die wir beim Laserschneiden einsetzen. Die Kamera macht 40 Bilder pro Sekunde und erkennt, wenn ein Abriss des Schnittes stattfindet. Die KI können wir so trainieren, dass sie gute und schlechte Schnittbilder voneinander unterscheiden kann. In solchen Fällen, also der Bilderkennung und dazugehöriger Maßnahmenableitung, ist eine KI super. Solche Ansätze entwickeln wir ständig weiter. Auf der Blechexpo zeigen wir zum Beispiel eine Weiterentwicklung von Active Speed Control. Außerdem arbeiten wir daran, wie sich Bauteile mithilfe von KI besser entnehmen und absortieren lassen. Beispielsweise indem die Maschine selbstständig bemerkt, wenn sich die Kontur schwierig fertigen lässt oder  wenn ein Teil klemmt.

Sie sprachen schon die Blechexpo an. Können sie unseren Lesern zum Abschluss noch ein wenig verraten, was Trumpf noch auf der Blechexpo vorstellen wird?

Die Themen Digitalisierung und Automatisierung spielen nach wie vor eine große Rolle auf unserem Messestand. Beispielsweise zeigen wir die schnellste mobile Roboterzelle der Welt – die Flex Cell. Mit ihr können Anwender die produktivste Biegemaschine von Trumpf automatisiert bedienen lassen. Das steigert die Produktivität und wirkt dem Fachkräftemangel entgegen. Ein weiteres Highlight ist unsere neue, vollständig automatisierte Stanz-Laser-Maschine mit neuem Sheet-Master. Die Lösung handhabt den Materialfluss selbstständig – von der Beladung der Anlage bis zum Ausschleusen der Teile. Damit lässt sie sich nahtlos in bestehende Smart Factories integrieren. Viel mehr möchte ich jetzt noch nicht verraten, aber die Messebesucher gerne zum Standbesuch einladen, um sich selbst ein Bild von den neuesten Trumpf-Innovationen zu machen.

Foto: Trumpf
Der Einsatz von KI ist für Trumpf ein wichtiges Zukunftsfeld und unterstützt Unternehmen heute schon mit KI bei der Teileentnahme.
Image
Ein Blick in die neue Vorfertigung von Stopa. Die Anordnung der Maschinen ist auf die Arbeitsabläufe abgestimmt, sodass Zeit und Wege gespart werden.

Unternehmen

Große Ziele bei Stopa

Stopa verbuchte 2022 den größten Auftragseingang seiner Geschichte. Was das Unternehmen für die Zukunft plant, haben wir im Interview vor Ort erfahren.

    • Unternehmen
Image
 Dr.-Ing. Stephan Mayer, CEO Trumpf Machine Tools und Mitglied des Vorstands der Trumpf SE + Co. KG.

Unternehmen

Was macht Trumpf so erfolgreich?

Trumpf CEO Machine Tools, Dr.-Ing. Stephan Mayer, erklärt in Teil 1 unseres großen Exklusivinterviews, wie Trumpf tickt und wie wichtig die Unternehmenswerte für den Erfolg sind.

    • Unternehmen, Interviews
Image
lantec-_ninaspare_portrait.jpeg

IT-Lösungen

Bleibt Lantek nach Übernahme unabhängig?

Was bedeutet die Übernahme von Lantek durch Trumpf für die Unabhängigkeit des Softwarespezialisten?

    • IT-Lösungen, Software
Image
Holger Röder, Geschäftsführer bei Scale NC erklärt exklusiv in BLECH was die Kunden vom Unternehmen erwarten können und wann sich das Auslagern von Bauteilprogrammierung lohnen kann.

Management

Problemfälle auslagern

Vor jeder Produktion steht die Maschinenprogrammierung. Was aber tun, wenn das geeignete Personal dafür fehlt. Genau auf solche Fälle hat sich Scale NC spezialisiert.

    • Management, Märkte, News