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Holger Röder, Geschäftsführer bei Scale NC erklärt exklusiv in BLECH was die Kunden vom Unternehmen erwarten können und wann sich das Auslagern von Bauteilprogrammierung lohnen kann.
Foto: Scale NC
Holger Röder, Geschäftsführer bei Scale NC erklärt exklusiv in BLECH was die Kunden vom Unternehmen erwarten können und wann sich das Auslagern von Bauteilprogrammierung lohnen kann.

Management

Problemfälle auslagern

Vor jeder Produktion steht die Maschinenprogrammierung. Was aber tun, wenn das geeignete Personal dafür fehlt. Genau auf solche Fälle hat sich Scale NC spezialisiert.

Die einfachen Ideen sind oft die Besten. Man fragt sich oft, wieso vorher noch keiner auf die Idee kam. Auch Scale NC könnte so ein Fall sein. Nach einem geglückten Start investiert Trumpf noch einmal rund 4 Mio. EUR in das Start-up. „Scale NC ist die Antwort auf den Fachkräftemangel. Viele unserer Kunden haben Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Zusätzlich verschafft Scale NC Kostenvorteile und unterstützt unsere Kunden dabei, ihre Wettbewerbsposition auszubauen“, sagt Tom Schneider, Managing Director Research & Development Trumpf Werkzeugmaschinen SE + Co. KG. Holger Röder, Geschäftsführer bei Scale NC erklärt, was die Kunden von Scale NC erwarten können und wie er die Zukunft des Unternehmens sieht.

Herr Röder, eine weitere Investition in ihr Unternehmen ist ein großer Vertrauensbeweis. Was bedeutet diese Investition für Scale NC?

Herr Röder: Dass Trumpf erneut in Scale NC investiert, hilft uns dabei, unsere Wachstumsziele umzusetzen. Der Bedarf an Cloud-basierten Dienstleistungen wächst in der Industrie und wir freuen uns darauf, unsere Lösungen noch mehr Kunden zur Verfügung zu stellen. Wir wollen mit dieser Investition unser Angebot neben dem deutschsprachigen Raum auch auf die USA ausweiten.

Lassen Sie uns noch einmal zurückblicken. Wie kam es eigentlich zu der Idee, die Scale NC verfolgt?

Herr Röder: Auch wenn Trumpf tolle Maschinen mit entsprechender Software entwickelt, kamen immer wieder Kundenstimmen auf, die darauf hinwiesen, dass das vorhandene Portfolio ein wesentliches Problem nicht löse. Bei allen Möglichkeiten, die Anlagen und Software heute bieten, fehlt es Kunden oftmals an qualifiziertem Personal, um die Maschinen im Tagesgeschäft zu programmieren und CAD-Daten für die Blechfertigung aufzubereiten. Andere Kunden müssen Auftragsspitzen bewältigen, haben jedoch nicht die notwendigen flexiblen Kapazitäten. Und wieder andere Kunden sehen zum Beispiel die Datenaufbereitung nicht als Kernkompetenz an und möchten hauseigene Ressourcen lieber für Tätigkeiten einsetzen, die sie vom Wettbewerb abheben. Ganz unterschiedliche Konstellationen auf Kundenseite also, die immer wieder zu ähnlichen Anfragen führten: ob Trumpf solche Tätigkeiten nicht übernehmen könne? Diese Art von operativem Dienstleistungsgeschäft gab es allerdings nicht im Trumpf-Portfolio. Ab 2018 haben wir uns dann der Thematik noch einmal angenommen und festgestellt, dass wir mit den heutigen technischen Möglichkeiten ein valides Geschäftsmodell entwickeln und unsere Kunden bei operativen und vorgelagerten Prozessen unterstützen könnten.

Und wann ging  Scale NC auf den Markt?

Herr Röder: Wir sind mit dieser Idee in ein Trumpf-internes Start-up-Programm gegangen, was letztlich zu einer Ausgründung als 100-prozentige Tochter von Trumpf führte. Im Sommer 2020 sind wir dann mit den Unternehmen erstmalig im Markt aufgetreten.

Welchen Service bieten Sie Ihren Kunden genau an?

Herr Röder: Wir unterstützen unsere Kunden nun operativ im Tagesgeschäft bei der Maschinenprogrammierung. Und falls nötig auch davor bei der Aufbereitung von CAD-Daten, hin zu blechgerechten Modellen. Wir sind in dem Bereich auch sehr flexibel. Das bedeutet, dass wir angefangen von Handskizzen über technische Zeichnungen bis hin zu aufbereiteten CAD-Baugruppen alles verarbeiten.

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So sieht die Oberfläche der Scale NC-Plattform aus.
Foto: Scale NC
So sieht die Oberfläche der Scale NC-Plattform aus.

Für welche Anlagen gilt dieses Angebot?

Herr Röder: Unser Angebot erstreckt sich über fast alle Blechbearbeitungsschritte, sei es Laserschneiden, Stanzen oder Stanz-Laser-Bearbeitung, Biegemaschinen oder -zellen, Rohrschneidemaschinen. Wir decken eigentlich das ganze Trumpf-Maschinenportfolio ab, mit wenigen Ausnahmen.

Sehe ich das richtig, das Angebot gilt derzeit nur für Trumpf-Maschinen?

Herr Röder: Stand heute, ja. Aktuell arbeiten wir aber gerade daran, noch in diesem Jahr auch andere Hersteller unterstützen zu können.

Lässt sich das für verschiedene Hersteller so einfach darstellen? Oder anders gefragt, wie genau müssen Sie die Maschinen kennen, um dafür ein optimales Programm schreiben zu können?

Herr Röder: Wenn ein Kunde Interesse an unserem Angebot hat, findet vorab ein Onboarding statt, damit wir die Anlagen des Kunden verstehen. Das findet remote statt und dauert etwa 30-60 Minuten. Beim Onboarding tauscht sich einer unserer CAD/CAM-Spezialisten mit seinem Gegenüber aus. Dabei wird dem Kunden gezeigt, wie er die Plattform von Scale NC anwendet. Insbesondere schauen wir uns aber die Maschinenkonfiguration der Kunden an und auch die existierenden Programmiersysteme. Aus diesen Systemen übernehmen wir dann die Werkzeuginformationen oder beispielsweise Verkürzungswerte, falls der Kunde etwa mit eigenen Biegeverkürzungen arbeitet. Zudem übernehmen wir natürlich kundenspezifische Vorgaben und Fertigungsrichtlinien. Hier gibt es keine Standards, daher arbeiten wir sehr eng mit den Kunden zusammen. Am Ende liefern wir unseren Kunden fertige Maschinenprogramme, die sie so direkt auf der Maschine ausspielen können. Dabei schreiben wir auch Programme für automatisierte Anlagen. Uns ist dabei eine Partnerschaft auf Augenhöhe wichtig. So geben wir gerne auch Empfehlungen, wenn wir Verbesserungspotenziale erkennen.

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Ein Onboarding-Prozess erleichtert Kunden und Scale NC die Zusammenarbeit. Hier erfahren die Kunden auch, wie die Plattform angewendet wird.
Foto: Scale NC
Ein Onboarding-Prozess erleichtert Kunden und Scale NC die Zusammenarbeit. Hier erfahren die Kunden auch, wie die Plattform angewendet wird.

Kann das nicht auch ein weiterer Vorteil für die Kunden sein?

Herr Röder: Ja, natürlich. Tatsächlich kommen einige Kunden auf uns zu, die seit Jahren ihre Maschinen selbst programmieren und gerne einmal einen Blick von außen auf ihre Strategien und Herangehensweisen haben. Diese Kunden können von unserer umfangreichen Erfahrung profitieren und so gegebenenfalls ihre Prozesse noch einmal optimieren.

Können Sie uns hier einmal ein Beispiel skizzieren?

Herr Röder: Das können ganz einfache Themen sein. Wir kennen zum Beispiel das Trumpf-Werkzeugportfolio sehr genau. So gibt es etwa bei Trumpf verschiedene Multitools im Bereich Stanzen, bei denen ich verschiedene Stempel in einem Werkzeug habe und so möglicherweise ohne Werkzeugwechsel auskommen kann. Wenn wir erkennen, dass ein Kunde mit solchen Werkzeugen von einer deutlich kürzeren Bearbeitungszeit auf der Maschine profitieren könnte, geben wir entsprechende Empfehlungen.

Und wie gewährleisten Sie, dass die von ihnen geschriebenen Programme auch funktionieren?

Herr Röder: Wir haben natürlich intern einen Qualitätssicherungsprozess. Das bedeutet, dass kein Programm ungeprüft unser Haus verlässt. Diese Prüfungen werden immer von einer zweiten Person vorgenommen. Zusätzliche prüfen wir alle Ergebnisse automatisch mit eigenen Softwarelösungen.

Ist es aber nicht schwer für Sie, beim derzeitigen Fachkräftemangel geeignete Programmierer zu finden?

Herr Röder: Als blechbearbeitendes Unternehmen müssen sie solche Mitarbeiter zwangsläufig im näheren Umkreis suchen. Bei uns ist das anders, da die Maschinenprogrammierung unser Kerngeschäft ist und wir technisch und organisatorisch so aufgestellt sind, dass es keine Rolle spielt, wo auf der Welt unsere Mitarbeiter arbeiten. Aus diesem Grund fällt es uns verhältnismäßig leicht, geeignete Spezialisten für unsere Dienstleistungen zu finden. Uns ist es aber schon wichtig, dass unsere Kunden einen direkten persönlichen Ansprechpartner haben. Darauf achten wir sehr.

Und auf welche Ressourcen können Sie derzeit zurückgreifen?

Herr Röder: Das kann natürlich immer etwas variieren. Derzeit können wir aber auf 20-25 Spezialisten zurückgreifen.

Wenn Kunden ihre Dienstleistungen in Anspruch nehmen, wie wird die Leistung abgerechnet? Und wie schaffen Sie es, dass Sie ein attraktives Preisniveau erreichen?

Herr Röder: Natürlich brauchen unterschiedliche Teile einen unterschiedlichen Programmieraufwand. Uns war aber wichtig, dass eine Preistransparenz in der Programmierung schaffen, die es so bisher noch nicht gibt. Deshalb rechnen wir hier zum Festpreis pro programmierten Teil ab. So können unsere Kunden schon vorher entscheiden, ob sie ein Teil an uns abgeben oder lieber selbst programmieren.

Können Sie das Preismodell etwas genauer skizzieren?

Herr Röder: Grundsätzlich gibt es zwei Modelle für unsere Kunden. Das Einstiegmodell ist ein reiner On-Demand-Ansatz. Hier gibt es keine Vertragsbindung für Kunden. Diese können hier ab einem Bauteil bei uns starten und Maschinenprogramme bestellen. Wollen Kunden die Zusammenarbeit intensivieren, bieten wir Pakete an, bis zu einer Art Flatrate. Hier können die Kunden ein gewisses Volumen pro Monat für einen attraktiven Preis bei uns buchen. Das vereinfacht für die Kunden auch oft die eigene Kalkulation, da sie wissen, was sie im Monat für die Programmierung kalkulieren müssen.

Blicken wir doch einmal nach vorne. Wie sieht in Ihren Augen die Zukunft von Scale NC aus, und was bedeutet das für Ihre Kunden?

Herr Röder: Für uns ist letztlich entscheidend, dass wir den Kunden immer Ergebnisse liefern können. Dabei setzen wir auf einen hybriden Ansatz. Manches können wir mit unseren Softwarelösungen automatisieren. Um optimale Ergebnisse zu erzielen, braucht es aber trotzdem an vielen Stellen noch einen Experten. Wir erbringen unsere digitalen Dienstleistungen also mit einer Kombination aus Software und Mensch. Letztlich können wir uns vorstellen, dass wir die programmierlose Maschine für unsere Kunden schaffen – in dem Sinne, dass sich der Kunde nicht mehr um die Programmierung kümmern muss.

Sehen sie die Zukunft so, dass das Programmieren der Anlagen dann ganz aus den Fertigungsbetrieben verschwindet.

Herr Röder: Nein. Man muss sehen, dass sich die Programmierlösungen immer weiterentwickeln – auch die von Trumpf. Auch hier unterstützen wir in Absprache mit Trumpf die Unternehmen bei einer etwaigen Software-Umstellung. Wir sehen uns als Unterstützung für unsere Kunden für die verschiedenen Szenarien, in denen sie nicht weiterkommen. Etwa, wenn die entsprechenden Fachkräfte fehlen. Wir wollen, dass sich unsere Kunden auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren können und ganz nach Bedarf Teile der Programmierung an uns abgeben. So können sie das volle Potenzial ihrer Fertigung noch besser ausschöpfen.

Das Interview wurde geführt von Gerhard Maier.

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Derzeit hat Scale NC 20-25 Spezialisten für seine Kunden im Einsatz.
Foto: Scale NC
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