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Foto: Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM

Werkstoffe

Material Digital 2020: Werkstoffdaten als Rohstoff

Der wertschöpfende, innovative Umgang mit Werkstoffdaten und -informationen war als Thema des Workshops "MaterialDigital2020" vom Fraunhofer IWM geplant. Aufgrund aktueller Covid-19-Schutzmaßnahmen muss die für Ende April geplante Veranstaltung jedoch leider entfallen ( Update vom 16.03.20).

Wie auch auf dem "MaterialDigital2020"-Workshop (22./23. April 2020 in Freiburg) dargestellt wird, entfaltet der "Rohstoff" Werkstoffdaten seinen Wert erst dann, wenn er strukturiert, veredelt und dort verfügbar ist, wo er gebraucht wird. Zum Beispiel für das belastungsgerechte Bauteildesign, für die schädigungsarme Werkstoffverarbeitung, für sichere Freigabeprozesse oder für die Bewertung der Restlebensdauer einer Anlage.

Praktischer Hintergrund

Wird bei der Inspektion einer Anlage ein Riss oder Defekt entdeckt, ist die Rückverfolgbarkeit des Bauteils und die Kenntnis seiner Belastungsgeschichte die Voraussetzung für eine sichere Fehlerbewertung – und für die nachhaltige Fehlervermeidung bei ähnlichen Bauteilen. Nach vorne gedacht, hängt die Substituierbarkeit eines Materials davon ab, wie gut das Einsatzverhalten des damit hergestellten Bauteils durch datengestützte Modelle antizipiert werden kann. In beiden Fällen sind formalisierte Ursache-Wirkungsketten über möglichst viele Schritte eines Produktlebenszyklus der Schlüssel zum Erfolg.

Neue Ansätze gesucht

Das Aufsetzen solcher Ketten oder Datenströme ist in vielen Industrien aus Ingenieurssicht bekannt. Deren Reichweite und Qualität repräsentiert heute oft einen entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Die skalenübergreifende Betrachtung von Wechselwirkungen im Material wird dabei jedoch noch nicht berücksichtigt. Genau hier versprechen Methoden der Digitalisierung aber komplett neue Chancen.

Zum Schöpfen dieses Potentials benötigt man jedoch fundamental neue Ansätze, denn in der industriellen, aber auch in der wissenschaftlichen Praxis wird die Durchgängigkeit von Datenströmen und die Bewertung von Ereignissen dadurch erschwert, dass relevante Materialdaten nur eingeschränkt verfügbar oder unvollständig sind, dass sie in der Organisation weit verstreut sind, oder dass wichtige Kontextinformationen fehlen.

Die Herausforderung komplexer Werkstoffdaten

Zudem ist es die Multiskaligkeit von Werkstoffen selbst, die der Übertragbarkeit von Industrie 4.0-Konzepten auf die Werkstofftechnik eine enorme Komplexität verleiht: Verschiedene chemische, physikalische und mechanische Phänomene spielen sich auf unterschiedlichen Zeit- und Längenskalen ab und müssen je nach gewünschter Aussagekraft berücksichtigt und entsprechend modelliert werden. Beispielsweise wird die Leistungsfähigkeit eines Magneten auf der Elektronenskala definiert. Die Korrosionsbeständigkeit eines Stahls auf der atomaren Skala. Die mechanische Funktionsleistung übernimmt die weitgehend heterogene Mikrostruktur mit ihren vielfältigen Defekten.

Digitalisierungschancen in der Werkstofftechnik

Damit sich nun mit der Digitalisierung in der Werkstofftechnik "bessere" Produkte erzeugen lassen, müssen Datenerzeugung, Datenspeicherung und Datenauswertung und die entsprechenden Datenströme so beschaffen sein, dass die Entstehungsgeschichte und alle Einflussfaktoren, die zum Endprodukt geführt haben, nachvollziehbar und transparent werden. Letztlich geht es um die Frage, an welchen der unzähligen möglichen Stellschrauben gedreht werden kann oder muss, um ein Bauteil zuverlässiger, leistungsstärker oder langlebiger zu machen.

Das Interesse der Industrie an pragmatischen Lösungen ist groß, um die Digitalisierungschancen in der Werkstofftechnik zu nutzen. Die Herausforderung besteht für viele Unternehmen darin, einen Startpunkt zu definieren, von dem man in die Tiefen des Datendschungels eintauchen kann, um möglichst bald davon zu profitieren. Hierbei zeichnen sich vier Handlungsfelder ab:

(1) Daten strukturieren und Dateninseln integrieren:

Die Basis der Digitalisierung in werkstoffintensiven Wertschöpfungsketten bildet die Strukturierung von Werkstoffdaten. Erst durch eine "gemeinsame Sprache" werden ein sinnhafter Austausch und eine Verknüpfung möglich. Auf dieser Grundlage können Prozesse oder Prozessschritte datenbasiert dargestellt und Dateninseln zusammengeführt werden.

(2) Datenströme implementieren:

Die vielzitierte durchgängige Verfügbarkeit von Werkstoffinformationen erfordert die Implementierung von Datenströmen. Dazu müssen Messdaten, Maschinen und -geräte zu einem digitalen Workflow integriert werden. Beispielsweise gilt es digitale Pfade von der Prüfmaschine bis zum Simulationstool mit automatischen Schnittstellen (APIs) zu etablieren.

(3) Datenbestände analysieren und nutzen:

In vielen Unternehmen schlummern ungenutzte wertvolle Datenbestände, die es zu analysieren und zu nutzen gilt. Zentrale Arbeitsfragen sind: Wie können vorhandene, gegebenenfalls inkonsistente Werkstoffdaten für die Entwicklung neuer Produkte genutzt werden? Wie können Datenverarbeitungsprozesse beschleunigt werden? Hierbei werden in Zukunft sicherlich die Methoden des maschinellen Lernens eine viel zentralere Rolle einnehmen.

(4) Datenprodukte entwickeln:

Letztlich führen digitalisierte Entwicklungs- und Produktionsprozesse zu neuen Geschäftsmodellen. Dazu gehören digitalisierte Werkstoffe und digitale Zwillinge oder die Verhaltensvorhersage zur Auswahl eines neuartigen Materials.

Material Digital 2020: Einmaliges Portfolio an Lösungsansätzen

Die Methoden der Digitalisierung zielen darauf ab, Ursache-Wirkungsbeziehungen präziser zu beschreiben und das Netzwerk der berücksichtigten Einflussfaktoren zu vergrößern. Werkzeuge dafür sind Ontologien, Wissensgraphen, Datenbanken, Werkstoffmodelle, künstliche Intelligenz, digitalisierte Maschinen, digitale Zwillinge.

Hier setzt auch der Workshop Material Digital 2020 an: Er präsentiert aus erster Hand Best Practice Beispiele aus vielen Unternehmen und zeigt den aktuellen Stand der Forschung, aber auch der öffentlichen Forschungsförderung auf. Die Referenten aus Industrie und Wissenschaft stellen ein einmaliges Portfolio an Lösungsansätzen für unterschiedliche Entwicklungsstufen der Digitalisierung in der werkstoffintensiven Wertschöpfung vor.

Als Referenten dabei:

  • Dr.-Ing. Toni Ehrig, IMA Materialforschung und Anwendungstechnik GmbH, Dresden
  • Daniel van Geerenstein, VDMA, Frankfurt
  • Dr. Marcus Lechmann, Robert Bosch GmbH, Renningen
  • Dr. Michael Luke, Fraunhofer IWM, Freiburg
  • Dr. Johannes Moeller, Schaeffler Technologies AG & Co. KG
  • Dr. Heinz Neubert, Siemens AG, Corporate Technology, Berlin
  • Prof. Dr. Jörg Neugebauer, Max-Planck-Institut für Eisenforschung MPIE, Düsseldorf
  • Prof. Dr. Harald Sack, Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur, Karlsruhe
  • Dr. Christoph Schweizer, Fraunhofer IWM, Freiburg
  • Dr. Lutz Weber, OntoChem GmbH, Halle (Saale)
  • Heiko Witte, Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co KG, Berlin
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