Von Torsten Fischer
Koordiniert vom Helmholtz-Zentrum Hereon arbeiten Forschung und Industrie gemeinsam an einer umweltfreundlicheren Herstellung von Leichtbauteilen für die Automobilindustrie. Denn mit 22.000 t CO2 ist der Fußabdruck der täglich in Deutschland produzierten SUVs nicht unerheblich. Ein Teil davon geht auf das verwendete Material zurück: Aluminium beziehungsweise Primäraluminium. Diese reine Form des Aluminiums wird direkt aus dem Rohstoff Bauxit hergestellt und ist dank ihrer Vorteile in Bezug auf Gewicht und Korrosionseigenschaften der Hauptbestandteil von Legierungen in der Automobilproduktion. Jetzt soll die Möglichkeit untersucht werden, das bisher verwendete Primäraluminium durch Sekundäraluminium, also unreineres, recyceltes Aluminium, zu ersetzen – ohne die vorteilhaften Eigenschaften zu verlieren.
Einsparungen von 700.000 t CO2
Das Einsparpotential ist dabei enorm: Um eine Einheit Sekundäraluminium herzustellen, werden nur 5 % der Energie verbraucht im Vergleich zur Herstellung von Primäraluminium. Übertragen auf die Automobilproduktion bedeutet das eine Einsparung von 0,7 t CO2 pro Fahrzeug beziehungsweise 700.000 t CO2 für die SUV-Jahresproduktion in Deutschland. Aluminium wird immer häufiger in elektrischen Fahrzeugen verwendet, um beispielsweise das Gewicht der Batterie auszugleichen. Das verschärft die Notwendigkeit, klimafreundlichere Alternativen wie Sekundäraluminium hinsichtlich seiner Anwendung zu untersuchen und zu optimieren. Aktuelle Prognosen zeigen, dass das Einsparpotenzial bei aluminiumintensiven Bauweisen bei bis zu 1,7 t CO2 pro Fahrzeug liegt.
Der digitale Zwilling hilft
Mithilfe eines digitalen Zwillings sollen verschiedene Zusammensetzungen von Sekundäraluminium modelliert werden, um den bestmöglichen Ersatz für das Original zu finden. So müssen die vielen Materialvarianten nicht alle in Experimenten durchgetestet werden, sondern werden zeit- und ressourcensparend im Modell erforscht. Vorherige Untersuchungen haben bereits gezeigt, dass kleine Verunreinigungen des Primäraluminiums auftreten und dennoch für den sicheren Einsatz des Werkstoffs akzeptabel sind. Die Frage ist jedoch: Wie groß kann beziehungsweise darf der Anteil von recyceltem Aluminium werden und in welcher Zusammensetzung? Die Antwort kann der digitale Zwilling liefern. „Die Entwicklung eines digitalen Zwillings, also einer mehrskaligen physikalischen Abbildung des zu untersuchenden Materials – der Alu-Sekundärlegierung – wird die experimentellen Bemühungen deutlich verkürzen und es ermöglichen, die zur Verfügung stehenden Schrotte uneinheitlicher Qualität in Bezug auf den möglichen Einsatz in der Materialherstellung beziehungsweise der Produktion zu bewerten“, erklärt Eugen Gazenbiller, Doktorand am Hereon-Institut für Oberflächenforschung.
Die Projektpartner
Das Verbundprojekt „S3-ALU: Simulationsmethodiken zur Bewertung von Bauteilen und Systemen für nachhaltigen Leichtbau mit Sekundär-Aluminium“ wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) über drei Jahre mit 2 Mio. EUR gefördert. Projektpartner aus der Forschung sind das Max-Planck-Institut für Eisenforschung (MPIE), Access e. V. und das Helmholtz-Zentrum Hereon, dessen Institut für Oberflächenforschung das Projekt koordiniert. Aus der Industrie sind die Volkswagen AG, Bode – die Tür GmbH und LGL Bad Langensalza GmbH beteiligt.