Image
Mithilfe des Mikro-Wasserstrahlschneidens konnten Hightech-Branchen wie die Uhrenindustrie, die Feinmechanik und die Medizintechnik für den Einsatz des Verfahrens gewonnen werden.
Foto: Klaus Vollrath
Mithilfe des Mikro-Wasserstrahlschneidens konnten Hightech-Branchen wie die Uhrenindustrie, die Feinmechanik und die Medizintechnik für den Einsatz des Verfahrens gewonnen werden.

Trenntechnik

Mikro-Wasserstrahlschneiden im Spiegel der Zeit

Seit den Anfängen der Technologie 2003 ist viel passiert. Ein Überblick über vergangene und aktuelle Neuentwicklungen.

Von Klaus Vollrath

Das Mikro-Wasserstrahlschneiden wurde von Waterjet 2003 mitten in einer Krise entwickelt. Dies erforderte die Entwicklung komplett neuer Maschinen, Strahlkopf-Konstruktionen und Steuerungssysteme. Dadurch gelang es, eine zehnfach höhere Präzision als mit den damals am Markt erhältlichen Wasserstrahlanlagen zu erreichen. Die damals gegründete eigene Forschungsabteilung entwickelte seither die Grundlagen für immer weitere Innovationen und zusätzliche Einsatzgebiete. „Auch in den letzten Jahren konnten wir beim Mikro-Wasserstrahlschneiden weitere Durchbrüche erzielen“, sagt Walter Maurer, Inhaber und Verwaltungsrats-Präsident der Waterjet AG in Aarwangen (Schweiz).

Genauigkeiten von bis zu 5 µm

So sei es nach intensiver Entwicklungsarbeit gelungen, den Durchmesser des Wasserstrahls von 170 µm auf 150 µm zu verringern. Das klinge zunächst nicht nach viel, doch ergäben sich für die Praxis dennoch weitreichende Vorteile. Zunächst lassen sich dadurch je nach Einsatzfall engere Schneidspalte von nur noch 170 µm erreichen. Noch wichtiger sei jedoch, dass durch diese Verbesserung jetzt viele weitere Teile unter Einhaltung der geforderten Toleranzen bearbeitet werden können, bei denen dies bisher nicht darstellbar war. Am Werkstück sind heute je nach Materialdicke Genauigkeiten von bis zu 5 µm erzielbar. Zusätzlicher Plusfaktor sei die Verwendung einer Höchstdruckpumpe mit 6.200 bar, mit der größere Arbeitsfortschritte und/oder die Bearbeitung dickerer Materialien möglich seien, insbesondere auch beim Einsatz von Reinwasser zur Bearbeitung biokompatibler Werkstoffe.

Image
Waterjet ist es gelungen, den Durchmesser des Wasserstrahls von 170 µm auf 150 µm zu verringern: Handelsübliches Fokussierrohr mit 0,8 mm Durchmesser (links), die bisher beim Mikro-Wasserstrahlschneiden üblichen 0,17 mm  (Mitte) und rechts die neueste Generation mit nur noch 0,15 mm.
Foto: Klaus Vollrath
Waterjet ist es gelungen, den Durchmesser des Wasserstrahls von 170 µm auf 150 µm zu verringern: Handelsübliches Fokussierrohr mit 0,8 mm Durchmesser (links), die bisher beim Mikro-Wasserstrahlschneiden üblichen 0,17 mm  (Mitte) und rechts die neueste Generation mit nur noch 0,15 mm.

Weiterentwickelte Steuerung für mehr Kontrolle

Weitere Besonderheit sei die Weiterentwicklung der Steuerung. Diese beinhalte jetzt eine verfeinerte Kontrolle der Arbeitsparameter gerade auch bei heiklen Geometrien wie scharfkantigen Ecken. Das ermöglicht eine Optimierung der Bearbeitungszeiten bei zugleich verbesserter Präzision gerade in diesen Bereichen. Auch verfügt die Steuerung jetzt über eine erweiterte Materialdatenbank mit vordefinierten Parametersätzen für die Bearbeitung einer großen Bandbreite industriell eingesetzter Werkstoffe. Ein weiteres Forschungsfeld betreffe die Diversifizierung im Bereich der Abrasivmaterialien. Hier würden spezielle Kornspektren des „klassischen“ Granatmaterials ebenso untersucht wie alternative Mineralien oder Speziallegierungen.

Neue Strahlkopftechnologie für superfeines Abrasivpulver

„Einen weiteren wesentlichen Fortschritt erzielten wir dank der Entwicklung einer neuen Strahlkopftechnologie für superfeines Abrasivpulver“, freut sich Maurer. Entscheidend sei dabei nicht nur die Entwicklung spezieller Aufbereitungsverfahren, sondern auch der Übergang zur Verwendung einer pastösen Masse statt der „klassischen“ Verwendung von rieselfähigen Pulvern. Je feiner der Durchmesser der Körner, desto größer werden leider die Schwierigkeiten beim Fördern und Dosieren. Die für diese Anwendung speziell aufbereiteten Pasten werden beim Eintritt in die Mischkammer vom feinen Wasserstrahl mit einem Durchmesser von nur noch 150 µm in kleinsten und genau reproduzierbaren Mengen mitgenommen. Das Ergebnis ist nicht nur ein äußerst präziser Schnitt; ebenso wesentlich ist auch die Tatsache, dass die Schnittkanten eine außergewöhnlich hohe Oberflächenqualität aufweisen.

Image
Die speziell entwickelte Jetfeed-µ
Foto: Klaus Vollrath
Die speziell entwickelte Jetfeed-µ2-Dosiereinheit für die besonders feinkörnigen Abrasivpulver, die beim Mikro-Wasserstrahlschneiden zum Einsatz kommen.

ISO 13485-Qualifikation für Medizintechnik-Anwendungen

„Einen weiteren wichtigen Fortschritt erzielten wir mit der Qualifizierung unserer Mikro-Anlagentechnologie für Medizintechnik-Anwendungen in Übereinstimmung mit der ISO 13485“, ergänzt Maurer. Hierbei geht es nicht nur um die Anlage an sich. Darüber hinaus mussten Vorschriften und Prozeduren entwickelt werden, deren korrekte Anwendung im Rahmen der vom Betreiber vorzunehmenden Qualifizierung seiner Herstellprozesse die Zertifizierung gemäß ISO 13485 ermöglicht. Dazu gehören beispielsweise nicht nur der Schneidprozess an sich, sondern auch die Reinigungsprozeduren zur Verhinderung einer Kontaminierung durch Verschleppung unerwünschter Substanzen. Zur vollständigen Qualifizierung gehört abschließend auch der Nachweis der Prozessfähigkeit des Herstellverfahrens.

Nachteile des kleinen Arbeitsbereichs

„Der bisher verfügbare Arbeitsbereich unserer F4-Maschinen auf 1.000 x 600 mm bedingte sowohl technische als auch wirtschaftliche Begrenzungen“, erläutert Maurer. Dies begann schon mit dem Zeitaufwand für das mehrfache Zerteilen der Blechplatten, die handelsüblich im Format 2.000 x 1.000 mm geliefert werden. Zudem verblieb danach ein 200 mm breiter Reststreifen, der oft genug im Schrott landete. Mussten Teile mit größeren Abmessungen hergestellt werden, so wurde ein Blech mit entsprechendem Übermaß eingespannt und nach einem ersten Bearbeitungsdurchgang versetzt. Beim Umspannen kommt es jedoch zwangsläufig zu Versatz- und Winkelfehlern und entsprechenden Qualitätseinbußen am Werkstück. Ebenfalls gravierend ist der Materialverlust durch den „Randeffekt“ beim Verschachteln von Teilen auf der Arbeitsfläche. Die materialsparende Anordnung der Teile auf dem Blech wird umso stärker eingeschränkt, je größer die Teile im Verhältnis zu den Abmessungen der Arbeitsfläche sind. In ungünstigen Fällen können diese Gitterverluste Werte von über 50 % erreichen, was deutlich über dem üblichen Durchschnitt von 30 % liegt. Und eine größere Maschine kann je nach Jobcharakteristik wesentlich länger auch nach Schichtende oder ins Wochenende hinein mannlos laufen.

Image
Im Vergleich zur F4 erreicht die Microwaterjet M5 eine erweiterte Autonomie durch größere Arbeitsbereiche von 2.000 x 1.000 mm.
Foto: Klaus Vollrath
Im Vergleich zur F4 erreicht die Microwaterjet M5 eine erweiterte Autonomie durch größere Arbeitsbereiche von 2.000 x 1.000 mm.

Mikro-Wasserstrahlschneiden im Großformat

Mit der M5 lassen sich statt wie bisher nun auch Tafeln im handelsüblichen Format von 2.000 x 1.000 mm zuschneiden – ohne Präzisionsverlust.
Artikel lesen

Weitere Prozesse durch Zusatzausstattung

„Optional sind bei unseren Anlagen mittlerweile Zusatzausstattungen wie eine Hochfrequenzspindel oder eine separate Drehachse verfügbar“, ergänzt Maurer. Die Ansteuerung dieser Geräte ist jeweils in die Maschinensteuerung integriert. Die fest an den Strahlkopf gekoppelte Hochfrequenzspindel verfügt über ihre eigene Z-Achse und erreicht bis zu 50.000 UPM. Mit dieser Spindel sind ergänzend zum Wasserstrahlschnitt umfassende 3D-Fräsbearbeitungen möglich, beispielsweise das Vorab-Einbringen von Startlochbohrungen in heikle Materialien, das Ansenken von Durchgängen und das Anfasen von Vertiefungen oder Kanten, das Fräsen von Taschen sowie darüber hinaus alle möglichen weiteren Zusatzarbeitsgänge. Dies erfolgt in der gleichen Aufspannung wie das Wasserstrahlschneiden. Üblicherweise wird die mechanische Bearbeitung vorab durchgeführt, gefolgt von der Beseitigung der Späne und der abschließenden Wasserstrahl-Schneidbearbeitung. Mit der Drehachse können diverse Rohr- und Stabbearbeitungen bis hin zu Rohrdurchdringungen durchgeführt werden. Hierbei kann fallweise auch die Frässpindel zum Einsatz gebracht werden, um beispielsweise Fasen anzubringen. Anschlussfasen in Richtung der Rohr-Hauptachse lassen sich ebenfalls durch Wasserstrahlschneiden erzeugen.

Image
Die Ansteuerung der Hochfrequenzspindel mit 50.000 UPM wurde in die Maschinensteuerung integriert.
Foto: Klaus Vollrath
Die Ansteuerung der Hochfrequenzspindel mit 50.000 UPM wurde in die Maschinensteuerung integriert.
Image
Durch intensive Weiterentwicklung konnte Waterjet den Durchmesser des Wasserstrahls von 170 µm (linkes Fahrrad) auf nur noch 150 µm (rechtes Fahrrad) verringern .

Wasserstrahlschneiden

Schneidspalte von nur 170 µm

Das Mikro-Wasserstrahlschneiden ist um den Faktor zehn präziser als die herkömmliche Wasserstrahltechnologie. Zuletzt erzielte Waterjet weitere Entwicklungserfolge.

    • Wasserstrahlschneiden, Trenntechnik
Image
Die Mikro-Wasserstrahlschneidmaschine M5 von Waterjet kann Tafeln im Handelsformat 2.000 x 1.000 mm verarbeiten.

Wasserstrahlschneiden

Mikro-Wasserstrahlschneiden im Großformat

Mit der M5 lassen sich statt wie bisher nun auch Tafeln im handelsüblichen Format von 2.000 x 1.000 mm zuschneiden – ohne Präzisionsverlust.

    • Wasserstrahlschneiden, Trenntechnik
Image
Mit dem im Forschungsprojekt „Jet Cut 3D“ entwickelten Wasserstrahlkopf können die Kompensationsmethoden auf plötzliche Abweichungen im laufenden Bearbeitungsprozess realisiert werden.

Wasserstrahlschneiden

Verbesserter Wasserstrahlkopf kompensiert Abweichungen schnell und präzise

Neue Prozessplanungssoftware samt neuem Bearbeitungskopf machen das Wasserstrahlschneiden einfacher, verbessern die Schnittqualität und verkürzen die Bearbeitungszeit.

    • Wasserstrahlschneiden, Trenntechnik
Image
synova_laser_wasserstrahl.jpeg

Trenntechnik

LMJ: hochpräzise Bearbeitung mit kühlendem Wasser-Laser

Beim patentierten LMJ-Prozess sorgen Laser und Wasser gemeinsam für ausgezeichnete Ergebnisse. Wir stellen das „kalte“ Bearbeitungsverfahren näher vor.

    • Trenntechnik, Automatisierung, Laserschneiden