Beim Gesenkbiegen von dünnen Blechen im Bereich von Dicken ≤ 1 mm sind variierende Eigenspannungszustände eine der Ursachen für die Streuung der Rückfederung und somit für die Biegewinkelstreuungen. Eine Möglichkeit, die Eigenspannungszustände im Blech zu beeinflussen, ist, das Blech mit laserinduzierten Stoßwellen zu beaufschlagen. Die Stoßwellen müssen dabei energetisch, zeitlich und örtlich genau definiert sein, um für den Biegeprozess vorteilhafte Eigenspannungszustände reproduzierbar einzustellen. Aufgrund der Möglichkeit einer räumlich und zeitlich präzisen Energieeinbringung ist der Laser für die Anwendung prädestiniert. Um die Ausbreitung der Stoßwelle möglichst zielgerichtet auf die Blechoberfläche einwirken zu lassen und zur Erhöhung ihrer Stoßwirkung, sollte ihre Ausbreitung räumlich begrenzt werden. Dies geschieht mittels eines über dem Blech befindlichen Confinement-Layer wie Glas oder Wasser. Häufig wird zusätzlich eine Opferschicht auf das Blech aufgetragen, um die eingebrachten Spannungen weiter zu erhöhen und thermische Einflüsse in dem Blech zu minimieren. Die Prozessführung ohne Opferschicht bietet jedoch produktionstechnische Vorteile, da eine höhere Reproduzierbarkeit und ein geringerer Kosten- und Zeitaufwand durch Einsparung des Beschichtungsprozesses ermöglicht werden [1]. Der Prozess wird als LSPwC (Laser Shock Peening without Coating) bezeichnet.
Ablauf des Experiments
Experimentell wurde dieser Prozess an VA-Stahlblechen mit Dicken zwischen 0.3 mm bis 1 mm unter Einsatz eines Faserlasers mit Pulsdauern im Nanosekundenbereich nachgewiesen. Bild 1 zeigt beispielhaft ein laserbearbeitetes 1 mm dickes Blech nach dem Gesenkbiegen unter Einsatz einer V-förmigen Matrize mit 90° Biegewinkel. Entgegen den gemeinhin verwendeten hohen Pulsenergien im Joule-Bereich werden mit dem Faserlaser geringere Pulsenergien im Millijoule-Bereich bei hohen Pulswiederholraten appliziert [2]. Für das Laser-Kurzpulsbearbeitung wurde eine Pulswiederholrate von 200 kHz und eine Pulsenergie von 1 mJ verwendet. Die hermetisch abgedichtete Spannvorrichtung wurde kontinuierlich mit einem laminaren Wasserfluss gespült. Die Scangeschwindigkeit des Laserstrahls wurde so gewählt, dass sich angepasst an den Strahldurchmesser eine Pulsüberlappung von 67 % ergibt. Das Gesenkbiegen erfolgte mit einer Zug-Druck-Prüfmaschine mit einer Positioniergenauigkeit von ±2 m. Die Verfahrgeschwindigkeit des Stempels betrug 1mm/s bei einem nominalen Biegewinkel von 90° der eingesetzten V-Matrize. Es zeigte sich, dass durch Laser-Kurzpulsbearbeitung unter Verwendung eines Nanosekundenlasers bei Blechdicken zwischen 0.3 mm und 1 mm die Abweichungen im Biegewinkel um bis zu 60 % gesenkt werden können (siehe Bild 2). Absolut gesehen kann beispielsweise für ein 1 mm dickes Blech die Streuung im Biegewinkel von 0,13 auf 0,07 durch Laser-Kurzpulsbearbeitung reduziert werden [3]. Der Effekt wird durch eine Überlagerung thermischer und mechanischer Wirkungen der Kurzpulsbearbeitung erzielt.
Die Autoren:
Andreas Stephen, Tobis Valentino, Tim Radel, Frank Vollertsen
BIAS - Bremer Institut für angewandte Strahltechnik GmbH, Klagenfurter Straße 5, 28359 Bremen