Von Wolfgang Boos, Gerret Lukas, Bernd Haase
Bedingt durch seine Schlüsselposition zwischen Produktentwicklung und Serienproduktion hat der Werkzeugbau einen großen Einfluss auf die ökologische Nachhaltigkeit von Werkzeugen – insbesondere auf die CO2-Emissionen, die über den Werkzeuglebenszyklus entstehen. Der vorwiegende Teil wird während der Serienproduktion mit den jeweiligen Werkzeugen ausgestoßen. Die bei der Werkzeugerstellung und Werkzeugnutzung emittierten CO2-Äquivalente werden jedoch mittelfristig bis langfristig stark an Bedeutung zunehmen und auch die Kaufentscheidung des produzierenden Gewerbes maßgeblich beeinflussen. So ist insbesondere aus der Automobilindustrie zu vernehmen, dass die Notwendigkeit des Nachweises entsprechender CO2-Emissionen nur noch eine Frage der Zeit darstellt. Eine mittel-bis langfristige Sicherung der eigenen Wettbewerbsposition benötigt daher eine frühzeitige Auseinandersetzung mit der eigenen ökologischen Nachhaltigkeit. Das Verständnis der Nachhaltigkeit als zentraler Wettbewerbsfaktor ermöglicht die frühzeitige Initiierung der dringend notwendigen Schritte hin zu einem nachhaltig erfolgreichen Werkzeugbau mit einem langfristig konkurrenzfähigen Produktportfolio.
Standard zur Ermittlung von CO2-Äquivalenten im Werkzeug
Um die Werkzeugbauunternehmen während dieser Entwicklung zu unterstützen, verfolgt die WBA Aachener Werkzeugbau Akademie GmbH das Ziel, einen unabhängigen Standard zur Ermittlung von CO2-Äquivalenten im Werkzeug, den CO2-Werkzeugpass, zu etablieren. Dieser kann von internen und externen Werkzeugbaubetrieben genutzt werden, um die bei der Werkzeugerstellung angefallenen CO2-Äquivalente vergleichbar nachzuweisen. Dazu werden die angefallenen CO2-Äquivalente in 3 Scopes erfasst und ausgewertet: Scope 1 stellt dabei die direkten Emissionen dar, die durch den eigenen Fuhrpark, betriebliche Anlagen wie Heizungen und durch erneuerbare Ressourcen für Strom oder Wärme anfallen. In Scope 2 werden indirekte Emissionen, die nicht direkt mit dem Werkzeug zusammenhängen, erfasst. Hierzu zählen neben Fernwärme und Fernkälte auch der verbrauchte Strom. Unter die in Scope 3 erfassten Werte zählen Emissionen, die durch die Gewinnung von Materialien, die Nutzung von Verkehrsmitteln, den vor- und nachgelagerten Transport aber auch durch Fremdvergaben anfallen. Die Heterogenität der Daten und Systeme, die für das Ausfüllen dieser Daten benötigt werden, stellt für viele Unternehmen noch eine Herausforderung dar. Aus diesem Grund erarbeitet die WBA in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Unternehmen der Branche Werkzeugbau Lösungen. Ziel ist zunächst die Teil-, später auch die Vollautomatisierung der Datensammlung.
Identifikation von Optimierungsmöglichkeiten
Für die aussagekräftige Identifikation von CO2-Einsparpotenzialen auf der Ebene des Werkzeugbaus sowie die gezielte Ausweisung des CO2-Äquivalents für ein konkretes Werkzeug werden die Daten sowohl für den kompletten Werkzeugbau über eine Berechnungsperiode als auch für konkrete Werkzeuge aufgenommen. Die Datenaufnahme und Auswertung erfolgt nutzerfreundlich über ein Online-Portal. Anschließend werden in bilateralen Gesprächen die unternehmensindividuellen Handlungsfelder und Optimierungsmöglichkeiten zur Reduktion von CO2-Emissionen und zur Steigerung der Nachhaltigkeit diskutiert.
Ausblick
Mittelfristig soll der CO2-Werkzeugpass um die Phase der Werkzeugnutzung und Werkzeugausmusterung erweitert werden, sodass der Nachhaltigkeitsaspekt zukünftig über den gesamten Werkzeuglebenszyklus bewertet und optimiert werden kann. Langfristig sollen bereits während der Werkzeugauslegung die gewonnenen Erkenntnisse genutzt werden können.