Foto: AP&T

Umformtechnik

Universelle Umformanlage für Aluminiumlegierungen

Für die Umformung von hochfesten Aluminiumlegierungen hat AP&T einen neuen Prozess und die dazu passende Anlage vorgestellt, die die Massenproduktion warmgeformter Aluminiumbauteile für den Automobilbau erlaubt.

Die Pressenbauer der AP&T haben Anfang Oktober 2017 am Stammsitz in Ulricehamn in Schweden eine neue Produktionsanlage und eine neue Prozesstechnologie vorgestellt, die insbesondere für die Umformung der hochfesten Aluminiumlegierungen der Gruppen 6xxx und 7xxx konzipiert ist. Etwa 70 Vertreter der internationalen Automobilindustrie waren zur Veranstaltung angereist. „Viele Automobilhersteller haben die erste Phase der gewichtssenkenden Maßnahmen bereits hinter sich. Der nächste Schritt dieser Entwicklung setzt neue Konstruktionen, neue Materialien und neue Herstellungsverfahren voraus. An dieser Stelle kommt unsere neue Lösung für die Warmumformung von Bauteilen aus hochfestem Aluminium ins Bild“, erklärt Per Josefsson, Director Business Development and Marketing bei AP&T. Mit dem neuen Prozess können nach Angaben von AP&T im Vergleich zu bisher eingesetzte Stahllösungen Gewichtseinsparungen um bis zu 30 Prozent bei den Bauteilen erzielt werden. Gleichzeitig sei das Material stabiler.

Vorgestellt wurde die Prozesstechnologie zusammen mit einer neuen Produktionsanlage, die von AP&T als Multipurpose-Anlage für die Aluminiumwarmumformung bezeichnet wird. Diese Produktionsanlage ist für verschiedene Prozesse der Warmumformung konzipiert, unter anderem „Hot Forming“, „W-Tempering“ und „Warmforming“. Die Anlage umfasst neben einer neu entwickelten Presse auch einen Multi-Layer-Ofen, neue Werkzeugtechniken sowie verschiedene Automationssysteme.

Verfahren für Volumenproduktionen

„Unsere Prozesstechnologie erhöht die Umformbarkeit des Materials deutlich. Daher können wir hochfestes Aluminium auch für komplex gestaltete Bauteile verwenden und mehrere Funktionen und Eigenschaften in ein einziges Bauteil integrieren“, erzählt Christian Koroschetz, CTO, Technology Development bei AP&T. Gegenwärtig aus mehreren Teilen zusammengesetzten Bauteile können so mit weniger Schritten produziert werden. „Weniger Bauteile, weniger Produktionsschritte und weniger Werkzeugbedarf sorgen unter dem Strich für effektivere Abläufe, Logistik und Montage sowie Gesamtkosten, die deutlich unter dem jetzigen Niveau liegen. Und das trotz der höheren Kosten für Produktionsanlagen und Material“. Diese Lösung von AP&T wurde im Sommer 2017 mit dem Altair Enlighten Award 2017 in der Kategorie Grundlagentechnologie ausgezeichnet.

Verschiedene Prozessetechnologien zur Warmumformung

Die Entwicklung fokussiere insbesondere die Umformung hochfester Aluminiumlegierungen der Gruppen 6xxx und 7 xxx, die wärmebehandelbar sind und Festigkeiten über 500 MPa erreichen. Anders als Stahllegierungen, die beim Presshärten durch Martensitumwandlung eine Festigkeitssteigerung erfahren, basiert die Festigkeitssteigerung bei Aluminiumlegierungen auf der Ausscheidungshärtung. Hintergrund ist, dass beim Abkühlen einer übersättigten Aluminiumlegierung aus Lösungsglühtemperatur das Lösungsvermögen für Legierungselemente abnimmt und Legierungslemente langsam an die Korngrenzen diffundieren. Solange noch ein Großteil der Legierungelemente gelöst sind, ist die Umformbarkeit gut. Danach behindern die sich an den Korngrenzen anlagernden Legierungselemente die Versetzungsbewegungen im Gitter, so dass die Festigkeit steigt.

Dieser Vorgang der Ausscheidungshärtung wird auch als Alterung bezeichnet und dauert je nach Material und Verfahren Minuten bis Tage. Erhöhte Temperaturen beschleunigen den Alterungsprozess. Im einfachsten Fall sieht die Prozessführung ein Lösungsglühen und anschließendes Abschrecken auf Raumtemperatur vor. Umgeformt wird im kalten Zustand kurz nach dem Abschreckprozess, solange die Umformbarkeit noch hoch ist. Danach wird das Teil zum Verfestigen ausgelagert. Eine Halbwarm-Variante des Verfahrens sieht eine Erwärmung und Umformung bei einer Temperatur unterhalb der Lösungsglühtemperatur aber deutlich über Raumtemperatur vor, bei der ebenfalls eine verbesserte Umformbarkeit vorliegt.

Hot-Forming und Abkühlen im Werkzeug

Jüngere Verfahrensentwicklungen wie das HFQ-Verfahren (Heat Treatment Forming and in-die Quench) erzielen gute Umformergebnisse und kurze Zeiten für die Ausscheidungshärtung, indem das Aluminiumhalbzeug auf Lösungsglühtemperatur gebracht, dort gehalten und dann sehr schnell aus dieser Temperatur heraus im Werkzeug gleichzeitig umgeformt und auf Raumtemperatur abgeschreckt wird.

Im Rahmen der Präsentation hat AP&T eine weitere Prozessvariante ins Spiel gebracht. Das Halbzeug wird dazu lösungsgeglüht, auf eine Zwischentemperatur (Intermediate quenched Temperature) abgeschreckt und dann sehr umgeformt und während der Umformung auf Raumtemperatur abgekühlt. Abschließend folgt das Auslagern der Umformteile.

Presse mit kombiniertem Antrieb

Die in der Anlage eingesetzte Presse arbeite schneller und biete um bis zu 50 Prozent mehr Energieeffizienz als gegenwärtig eingesetzte Hydraulikpressen, heißt es bei AP&T. Sie biete gute Voraussetzungen für höhere Produktivität bei gleichzeitiger Senkung der Betriebskosten und der Umweltbeeinträchtigung. Zudem sei der Wartungsbedarf geringer als bei einer herkömmliche Hydraulikpresse.

„Die Presse verbindet die Vorteile zweier Welten, nämlich der hohen und gleichmäßigen Presskraft der Hydraulikpressen mit der Energieeffizienz und den guten Möglichkeiten der Geschwindigkeitsregelung der servomechanischen Pressen“, erklärt Per Josefsson. Der Pressvorgang lässt sich mit hoher Präzision und Parallelität zwischen Pressentisch und Stößel steuern. Die Kraft ist während des gesamten Pressenhubs gleich hoch und kann mit großer Präzision verteilt werden, auch auf kleinen Flächen. Bei der Umformung empfindlicher Materialien kann das Ziehkissen vorab beschleunigt werden. Eine hohe Parallelität trägt zu weniger Werkzeugverschleiß bei. „Von der Leistung her ist diese neue Presse extrem effektiv. Die Beschleunigungs- und Bremsleistung ist deutlich höher als bei einer konventionellen Hydraulikpresse, so dass die Möglichkeiten zu mehr Produktionskapazität gegeben sind. Die Steuerung der Prozess- und Maschinendaten erfolgt über zukunftssichere Lösungen auf Internetbasis,“ betont Josefsson.

Modulare Konstruktion

Zu hoher Energieeffizienz trägt bei, dass intern in der Maschine Energie gespeichert wird und damit kurzeitig eine höhere Leistung als die installierte Kapazität zur Verfügung steht. Der Kühlungsbedarf ist zudem gering. Ist die Presse nicht im Betrieb, benötigt sie im Gegensatz zu hydraulischen Pressen in Standby-Modus auch keine Energie. Der Schallpegel ist niedrig und die Presse ist so konstruiert, dass sie leicht recycelt werden kann. Die verwendete Hydraulikflüssigkeit ist umweltfreundlich, außerdem wird deutlich weniger Flüssigkeit als in einer normalen Hydraulikpresse benötigt. „Dank der modularen Konstruktion und hohen Bauteilübereinstimmung konnte auch das Serviceintervall erheblich verlängert werden. Der Wartungsbedarf ist etwa um 30 Prozent geringer als bei einer normalen Hydraulikpresse“, erklärt Per Josefsson.

Foto: AP&T
Foto: AP&T
Foto: AP&T