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Wasserstrahlschneiden

Wasser-Abrasiv-Suspensions-schneiden ohne Unterbrechung

Mit der innovativen Abrasivmittel-Zumischeinheit Consus wird ein kontinuierliches Schneiden mit einem Wasser-Abrasiv-Suspensions-System möglich.

Neuartige Werkstoffe wie leistungsfähige Metalllegierungen, moderne Verbund- und Kunststoffmaterialien sowie neue Keramik- und Glaswerkstoffe lassen sich oftmals nur mit dem Verfahren des Abrasiv-Wasserstrahl-Schneidens wirtschaftlich bearbeiten. Weit verbreitet sind dabei Abrasiv-Wasserstrahlschneidsysteme, bei denen der unter Druck stehenden Wasserströmung über Injektionstechnik das Abrasiv zugemischt wird. Relativ jung auf dem Markt für industrielle Schneidanwendungen sind stationäre Wasser-Abrasiv-Suspensions-Schneidsysteme.

Hintergrund

Bei konventionellen Wasser-Abrasiv-Injektions-Systemen (WAIS) strömt unter Druck gesetztes Wasser (4.000 bis 6.000 bar) in eine Mischkammer, in der in einer Venturi-Düse erzeugter Unterdruck ruhendes, trockenes Abrasiv ansaugt und mit dem Wasser zum Schneidstrahl mischt. Einerseits wird dabei ein Teil der durch den Druck in das Wasser eingebrachten Energie bereits für die Beschleunigung des Abrasivs verbraucht, andererseits verwirbelt beim Ansaugen eine vergleichsweise große Menge Luft im Wasserstrahl. So entsteht ein turbulentes Drei-Phasen-System mit circa 95 Volumenprozent Luft, vier Volumenprozent Wasser und einem Volumenprozent Abrasiv.

Über das Wasser-Abrasiv-Suspensions-System

Im Unterschied zu diesen herkömmlichen Wasser-Abrasiv-Injektions-Systemen werden beim Wasser-Abrasiv-Suspensions-System (WASS) im Prinzip Wasser und Abrasiv zuerst zur Suspension gemischt und anschließend in einem Hochdruckbehälter gemeinsam unter Druck gesetzt, sodass dann an der Schneiddüse wiederum ein Schneidstrahl entsteht. Der Luftanteil in diesem Suspensionsschneidstrahl ist vernachlässigbar und es geht weniger Energie durch das Beschleunigen des Abrasivs verloren, sodass diese Technik mit einem höheren Wirkungsgrad arbeitet.

Diskontinuierliche Technik aus dem Hochdruckbehälter

In den ursprünglichen ersten Ausführungen derartiger Suspensionssysteme ist eine begrenzte Menge Suspension in einem Hochdruckbehälter angesetzt und strömt von dort solange zur Schneiddüse, bis der Druck abgebaut beziehungsweise der Behälter leer ist. Entsprechend sind mit diesen Systemen nur begrenzte Schneidzeiten umzusetzen, bevor die Suspension nachgefüllt werden muss. Tatsächlich arbeiten industrietaugliche Systeme heute mit einem zweiten, sogenannten Bypass-Strom aus reinem Wasser, der über ein Bypass-Ventil mit dem unter Druck stehenden Suspensionsstrom gemischt wird. Gleichwohl bleibt auch bei diesen Systemen das Problem der begrenzten Schneidzeit bestehen.

Zumischeinheit für kontinuierliches Schneiden

Die ANT Applied New Technologies AG in Lübeck zählt zu den Pionieren auf dem Gebiet der Wasser-Abrasiv-Suspensions-Schneidsysteme. Mit der Abrasivmittel-Zumischeinheit „ConSus“ hat das Unternehmen eine Technik im Programm, die ein kontinuierliches Schneiden mit einem Wasser-Abrasiv-Suspension-System erlaubt.

In Anlagen, die mit Consus ausgerüstet sind, fließt ein Teil des Druckwassers über ein Bypass-Ventil in eine Zumischeinheit, in der das Wasser und das Abrasiv eine Suspension bilden. Diese wird über einen Schlauch zur Beschleunigung in die Düse gespült. Das Ergebnis ist ein zweiphasiger Strahl aus circa 97,5 Volumenprozent Wasser und 2,5 Volumenprozent Abrasiv. Ein patentiertes Schleusenverfahren sorgt zudem dafür, dass immer neues Abrasiv in die Zumischeinheit befördert wird, sobald ein definiertes Niveau unterschritten ist. Dies ermöglicht, ohne Unterbrechung eine kontinuierliche Suspension (Continuous Suspension) zu produzieren.

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„ConSus“ lässt sich in jedes bestehende Wasserstrahlschneidsystem integrieren, wobei nur Pumpe und Steuerung angepasst werden müssen.

Vorteile der Suspensionstechnik

  • Der in der Düse erzeugte Schneidstrahl tritt mit fast zweifacher Schallgeschwindigkeit aus. Der Wirkungsgrad ist höher als beim Injektionsverfahren. Zudem ist der Strahl aufgrund des kleineren Düsendurchmessers besser fokussiert als beim Injektionssystem und durchtrennt selbst sehr harte Werkstoffe präzise.
  • Das System Consus wird mit Arbeitsdrücken zwischen 500 und 1.500 bar betrieben. Konventionelle Wasserstrahlschneidverfahren mit Injektionssystem arbeiten dagegen mit sehr viel höheren Drücken von 4.000 bis 6.000 bar.
  • Da das ANT-System zudem mit einem günstigeren und besser fokussierten Schneidstrahl arbeitet, werden je nach gewünschter Qualität der Schnittfläche die doppelten bis dreifachen Schneidgeschwindigkeiten herkömmlicher Injektionssysteme erreicht.
  • Zugleich sind die Schnittfugen dünner als bei Injektionssystemen, sodass die Wasser-Abrasiv-Suspenions-Systeme auch für die Bearbeitung von Präzisionsteilen eingesetzt werden können.

Schneiden bis 1.000 mm Tiefe

Sowohl bei Wasser-Abrasiv-Suspensions-Systemen (WAS) als auch bei herkömmlichen Abrasiv-Wasserstrahlschneidsystemen tritt so gut wie keine Wärmeeinwirkung auf das Werkstück auf, sodass wärmebedingte Gefügeänderung an der Schnittfläche bei metallischen Werkstücken nicht auftreten. Selbst Composite-Werkstoffe lassen sich nach Angaben von ANT problemlos mit dieser Wasserstrahlschneidtechnik trennen. Delaminierungseffekte werde dabei durch Feinjustierung des Strahls vermieden.

Nach Angaben von ANT werden mit der Wasser-Abrasiv-Suspenisonstechnik Materialien bis 1.000 mm Dicke geschnitten – bei guter Oberflächenstruktur der Schnittflächen. Selbst bei großen Materialdicken reichen dabei Drücke um die 1.500 bar aus, was sich unter anderem im Energieverbrauch bemerkbar macht.

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Unterschiedliche Materialien wie beispielsweise Baustahl lassen sich schneller und präziser schneiden.

Geringere Emissionsbelastung

  • Die Lärmbelastung mit Consus liege selbst bei maximalem Arbeitsdruck (1.500 bar) noch 70 Prozent unter dem einer bei 5.000 bar betriebenen industriellen Injektionsstrahl-Anlage.
  • Niedrigere Systemdrücke und hohe Abrasivmittelbeladungen verringern zudem die Emission von Feststoffpartikeln. Für dieselbe Schneidleistung mit wesentlich höherem Arbeitsdruck betriebene Injektionssysteme verursachen eine bis zu doppelt so hohe Partikelemissionskonzentration.
  • Consus lässt sich in jedes bestehende Wasserstrahlschneidsystem integrieren, wobei nur Pumpe und Steuerung angepasst werden müssen. Es kann sowohl über, als auch unter Wasser betrieben werden.
  • Für die Konstruktion von Komplettsystemen arbeitet die ANT AG mit der bekannten Perndorfer Maschinenbau KG zusammen. Zusammen bieten beide Firmen ein vollständiges System bestehend aus Consus, einem Schneidtisch der Firma Perndorfer sowie Pumpe als auch Wasser- und Abrasivmittelaufbereitungs­komponenten.

Platzsparende Abrasivaufbereitung

  • Für einen nachhaltigen Betrieb der Anlagen sorgt eine Abrasiv-Recycling-Unit (ARU). Durch einen Inline-Recycling-Prozess lassen sich bis zu 80 Prozent des genutzten Abrasivmittels wiederverwerten. Die Aufbereitungseinheit zeichnet sich zudem durch einen geringen Energiebedarf aus.
  • Mit der Abrasiv-Recycling-Unit (ARU) fällt beim Wasser-Abrasiv-Suspension-Schneidverfahren wesentlich weniger Abfall an. Das System bereitet das Abrasivmittel ganz ohne Trocknung auf und gewährleistet so dessen energieeffiziente Wiederverwendung.
  • Darüber hinaus ist die Aufbereitungseinheit platzsparend konstruiert, sodass sie sich auch in engen Produktionsumgebungen Platz findet.

Bis zu 80 Prozent des Abrasivmittels wiederverwerten

Das beim Bearbeitungsprozess in einem Becken aufgefangene Schneidwasser enthält sowohl Abrasivmittel als auch Schneidmaterial. Mithilfe der Wiederaufbereitungseinheit gelangen die Feststoffe über die Schneidtisch-Ausgabe in die Nass-Taumelsieb-Maschine, welche Korngrößen von 125 bis 350 μm passieren lässt. Für das Recycling ungeeignetes Unterkorn wird hier zusammen mit dem Fugenmaterial getrennt und in den Abrasivausschuss-Behälter abgegeben. Übrig bleiben bis zu 80 Prozent recyceltes, feuchtes Abrasivmittel. Über die Rezyklat-Ausgabe erreicht das Produkt den Nass-Hopper mit einem Massenstrom von maximal 100 kg/h.

Der Nass-Hopper, ein Trichter mit einer Kapazität von bis zu 500 kg, fängt den recycelten Abrasivstoff auf. Über ihn wird auch neues Abrasiv zugeführt, welches aus einem Lagerbehälter stammt, der mit dem ANT-Consus-System verbunden ist. Das Gemisch aus recyceltem und neuem Abrasiv verlässt den Nass-Hopper intermittierend mit maximal 100 kg/h. Nach diesem Schritt kann das WAS erneut beginnen.

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