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Strategie

Industrieverbände richten Brandbrief an Regierung

Ein Energieembargo könnte dramatische Folgen für Stahl- und Metallverarbeiter mit sich bringen – vier Verbände schlagen Alarm.

Sechsmal höhere Arbeitspreise für Strom, viermal höhere für Gas als Anfang 2021 – dazu Preisanstiege bei Stahl und Aluminium von bis zu 80 %. Vier Industrieverbände schicken in der dramatischen Kostenkrise einen Brandbrief an die Minister Lindner und Habeck. Ein Alarm kurz vor dem Motorenausfall: Energieprobleme, knappes und überteuertes Vormaterial, Lieferantenausfälle und Kundenstillstände treiben mittelständische Unternehmen in die Insolvenz. Die Industrieverbände Massivumformung (IMU) und Blechumformung (IBU), der Deutsche Schraubenverband (DSV) und die Fachvereinigung Kaltwalzwerke (FVK) fordern daher: „Kein Energieembargo und sofortige finanzielle Entlastung der Unternehmen.“

 Derzeit gebe es keine Alternative zu russischem Gas

IMU, IBU, DSV und FVK begrüßen die Regierungsbemühungen um alternative Gasbezugsquellen angesichts des Ukraine-Konfliktes, sind aber realistisch. Martin Kunkel, Geschäftsführer des FVK: „Absehbar ist, dass diese kurzfristig keinen Bezugsstopp aus Russland kompensieren können. Das Energieembargo träfe unsere Wirtschaft und Bevölkerung. Wir bitten die Politik darum, entschieden dagegen einzutreten und zugleich konsequent Alternativen aufzubauen.“

Gezielte Maßnahmen sollen Unternehmen entlasten

In ihrem Brandbrief fordern die Verbände zudem die Abschaffung der EEG-Umlage ohne Haushaltsvorbehalt und ohne neue bürokratische Hürden. Die Politik soll den CO₂-Preis temporär aussetzen. Zusätzlich sollen die Energiesteuern auf das europäische Mindestniveau reduziert und die Merit-Order-Systematik aufgelöst werden, die Energieverbraucher mit den Kosten des teuersten Energieträgers belastet. Auf EU-Ebene plädieren IMU, IBU, DSV und FVK gegen die Safeguards für Stahl und Aluminium und für eine gerechte Ausgestaltung des europäischen Ausgleichsmechanismus (CBAM): „Beides muss Stahlverarbeiter und -produzenten gleichermaßen berücksichtigen. Die verarbeitenden Unternehmen beschäftigen in Deutschland rund 430.000 Menschen, die profitierenden Vormaterialhersteller nur circa 72.000“, so IBU-Geschäftsführer Bernhard Jacobs.

Verbände drängen auf schnelles Handeln

Schon vor Beginn des Ukraine-Konflikts hatten die Unternehmen es schwer – dank massiver Energiekosten und stockender Vormaterialbeschaffung. „Die sich immer weiter zuspitzende Misere trifft sie obendrein in einem der größten Transformationsprozesse der Industriegeschichte“, betont DSV-Geschäftsführer Hans Führlbeck. „Wir tragen die deutschen und europäischen Klimaschutzziele mit, aber die aktuelle Kostenkrise übersteigt die Umsetzungsmöglichkeiten der überwiegend mittelständisch geprägten Unternehmen.“ Die Verbände appellieren an Wirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck und Finanzminister Lindner, schnell zu handeln, um die Betriebe zu sichern: „Nur so bekommen Unternehmen jetzt ausreichend Stabilität für den begonnenen Wandel und zur Sicherung ihres Fortbestandes“, unterstreicht Tobias Hain.