Von Andreas Hemmerle
Mit der BPPflexRoll haben Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer IWU in Chemnitz nun gemeinsam mit der Profiroll Technologies GmbH eine prototypische Anlage zum Hohlprägewalzen von Bipolarplatten (BPP) entwickelt. Die Fertigungslinie befindet sich am Fraunhofer IWU im Einsatz. Sie verfügt bereits über eine Steuerungstechnik und ein Bedienkonzept, die in wesentlichen Punkten einer industriellen Anlage entsprechen. Die Anlage besteht aus drei Walzgerüsten und benötigt eine Aufstellfläche von 4500 mm x 3300 mm.
Was sind Bipolarplatten?
Wasserstoff-Brennstoffzellen nutzen Wasserstoff und Sauerstoff, um Strom zu produzieren und damit etwa umweltfreundliche Fahrzeuge anzutreiben. Elektrolyseure kehren diesen Vorgang um. Sie spalten Wasser mit Hilfe elektrischer Energie in Wasserstoff und Sauerstoff. Beide Wasserstoffsysteme benötigen Bipolarplatten (BPP), die die Wandlungskomponenten MEA (Membran-Elektroden-Einheit, in Brennstoffzellensystemen) und CCM (Catalyst Coated Membrane, in Elektrolyseuren) umschließen. In einem Brennstoffzellenstack ermöglicht der doppelwandige Aufbau der Bipolarplatten das Strömen von Sauerstoff und Wasserstoff zu beiden Seiten der MEA und eine Wasserkühlung des Stacks.
Wieso sind Bipolarplatten derzeit so teuer?
Die Ursachen für die hohen Kosten der metallischen BPP liegen unter anderem in der diskontinuierlichen Batch-Fertigung. „Bipolarplatten bestehen aus jeweils zwei Edelstahl-Halbplatten, auf die in einem diskontinuierlichen Umformungsprozess Strukturen für den Gasfluss und die Wärmeabfuhr geprägt und die dann gefügt werden. Unser Hohlprägewalzverfahren hat das Potenzial, diese diskontinuierlichen Prozessketten bzw. Fertigungsschritte durch ein kontinuierliches Verfahren abzulösen, das ohne Verfahrenspausen auskommt und damit eine hohe Stückzahlausbringung erlaubt“, erläutert Stefan Polster, Leiter der Gruppe „Blechbearbeitung und Werkzeugauslegung“ am Fraunhofer IWU. „Ein Vorteil des Hohlprägewalzens sind insbesondere die höheren Prozessgeschwindigkeiten. Pro Minute lassen sich bis zu 120 BPP-Halbplatten fertigen“, bekräftigt Robin Kurth, Gruppenleiter für Umformmaschinen am Fraunhofer IWU. Durch die Umstellung des Herstellungsverfahrens wollen die Forschenden die Herstellungskosten für die BPP halbieren.
Das Verfahren im Detail
Mit der neu entwickelten Technologie wird die Struktur der Bipolarplatte mit Hilfe eines Walzenpaars geprägt, durch welches das dazwischen eingespannte, hauchdünne Metallband kontinuierlich läuft. Eine Umformwalze ist als Stempel, die andere als Matrize definiert. Da die Walzen zum Ausformen der Strömungskanäle mit dem Werkstück annähernd nur einen Linienkontakt haben, können die Prozesskräfte durch die schrittweise Umformung im Vergleich zum konventionellen Hohlprägen durchschnittlich um den Faktor 10 reduziert werden. Dies führt zu einer kleineren, kostengünstigeren Anlagentechnik. Ein weiterer Vorteil der Anlage liegt in ihrer Flexibilität: Die Anzahl der erforderlichen Walzensätze lässt sich in Abhängigkeit der Bipolarplattengeometrie individuell anpassen.
Weiterer Schritt in Richtung kognitive Umformmaschinen
Mit der neuen Versuchsanlage gehen die Forschenden des Fraunhofer IWU auch einen wichtigen Schritt in Richtung kognitiver Umformmaschinen, die sich mittels Sensorik und intelligenter Algorithmen selbst überwachen und steuern können. „Anders als bei bisherigen Anlagen überprüfen wir künftig die Qualität der BPP im laufenden Prozess, indem wir die Prozessparameter mit Sensoren erfassen, zusammenführen und korreliert analysieren können“, sagt Robin Kurth. Die Daten werden dann über Cloudlösungen verarbeitet und nutzbar gemacht. Erste mit der Anlage produzierte Bipolarplatten werden bereits am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg in Brennstoffzellen getestet.
Hannover Messe 2024, Halle 2, Stand B24 (Fraunhofer-Gemeinschaftsstand)