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Wasserstrahlschneiden

Was kann der Wasserstrahl?

Die Euroblech hat gezeigt: beim Wasserstrahlschneiden geht der Trend zu automatisierten und ressourcenschonenden Systemen.

von Christopher Detke Gängige Anwendungen von Wasserstrahlschneidanlagen erreichen heute Genauigkeiten von Zehntelmillimetern. Dann lässt sich der Vorschub so wählen, dass das Verfahren wirtschaftlich bleibt. Für sehr komplexe und filigrane Anwendungen kann der Wasserstrahl aber auch auf Genauigkeiten von wenigen Hundertstelmillimetern gebracht werden. Dann muss zwischen Wirtschaftlichkeit beim Vorschub – und damit der Bearbeitungszeit – und dem gewünschten Ergebnis abgewogen werden. Die Automatisierungs GmbH H.G. Ridder stattet ihre Anlagen heute beispielsweise mit 2D-, 2,5D- und 3D-Schneidköpfen aus, die einen rund 1 mm dicken Strahl erzeugen und die Bearbeitungen in X-, Y- und Z-Richtung sowie das Bearbeiten von Fasen erlauben. Das macht die Schneidanlagen flexibel und in der Anwendung vielseitig. Mit Vielseitigkeit punktet die Technologie auch, weil sie als kaltes Trennverfahren für jede Art von Blech geeignet ist. Anders als bei Laser oder Plasma entsteht kaum Wärmeeintrag – das Material verändert sich nicht.

Abrasiv macht den Strahl erst wirksam

Wasserstrahlschneiden kann sowohl als Reinwasser-, als auch als Abrasivschneiden betrieben werden. Für die Blechbearbeitung eignet sich hauptsächlich Letzteres. Weil Wasser allein nicht die nötige Schneidwirkung hat, wird ein Strahlmittel beigemischt. Dieses ist meist Granatsand, der über eine Mischkammer durch den erzeugten Unterdruck vom Wasserstrahl aufgenommen und in den Schneidstrahl überführt wird. Als Ergebnis trifft ein schmaler Abrasiv-Wasser-Strahl mit Schallgeschwindigkeit auf das Werkstück und schleift das Material im Schnittspalt weg. Das Wasser kühlt den Schnittspalt automatisch. Im Normalfall überschreitet die Anlage so Schleiftemperaturen von 50° C nicht. Der Strahl aus dem Abrasiv-Wasser-Gemisch erzeugt derartigen Druck am Blech, dass er die gewünschten Schichten abträgt und durchtrennt. Gleichzeitig beträgt die mechanische Belastung an den Flanken des Schnittspaltes weniger als 5 N. Der Prozess ist also relativ materialschonend und physikalisch einfach im Vergleich zum Laser- oder Plasmaschneiden. Trotzdem hat sich in den letzten Jahren einiges an den Anlagen getan.

Hersteller haben ihr Portfolio erweitert

Beispielsweise haben die Hersteller ihr Portfolio mit Anlagen unterschiedlicher Größen und Bearbeitungsgenauigkeiten ausdifferenziert. Bei Kompaktanlagen sind hauptsächlich Ausleger- und Brückensysteme zu finden, Großanlagen gibt es überwiegend in Gantry-Bauweise. Die Schneidtische haben häufig Maße von 3.000 mm x 1.500 mm Verfahrweg, da insbesondere im Metallbereich sogenannte Großformattafeln komplett bearbeitet werden. Je nach Aufgabenstellung können auch Mehrkopfanlagen mit mehreren Schneidköpfen auf einer Hauptachse sinnvoll sein. Bei Großanlagen mit Y-Portalen von 2 m oder größer und X-Verfahrwegen von 6 m oder mehr gibt es mittlerweile sogar Mehrfachportale auf einem Schneidtisch. Dies ermöglicht entweder, parallel gleiche Aufgaben zu erledigen, oder auch komplett andere Schneidaufgaben in derselben Zeit durchzuführen. Eine Herausforderung beim Wasserstrahlschneiden ist die Konizität des Strahls. Diese führt zu schrägen Schnittflächen und bei Kurvenschnitten zu konischen Schnittfehlern. Je höher der Vorschub des Schneidkopfes, desto größer werden diese natürlichen Schneidkoni. Zur Lösung des Problems haben Hersteller 5-Achs-Schneidköpfe entwickelt, welche die konische Verformung des Strahls durch Schrägstellen des Schneidkopfes ausgleichen. Automatische Systeme passen diese Kompensation automatisch unter anderem an das Material und den Vorschub des Strahls an.

Prozessabläufe automatisch überwachen und steuern

Automatisch klappt mittlerweile ohnehin viel beim Wasserstrahlschneiden. Der niederländische Hersteller Resato, der als OEM viele Schlüsselkomponenten selbst baut, hat auch Überwachungs- und Regelungstechnologien entwickelt. „Wir können Anlagen in einen automatisierten Produktionsprozess beziehungsweise in Produktionslinien integrieren. Mit unserem ‚EMS‘ (Electronic-Monitoring-System) kann der Produktions- beziehungsweise Schneidprozess mit dem Ziel einer mannlosen Produktion überwacht werden“, erklärt Aron Belz, Gebietsverkaufsleiter Deutschland bei Resato. Bei diesem elektronischen Schneidüberwachungssystem werden in Kombination mit einem dafür entwickelten Schneidkopf alle wichtigen Schneidparameter überwacht. Eine verschlissene Wasserdüse oder unzureichende Abrasivzufuhr erkennt das System automatisch und generiert eine Alarmmeldung, welche den Schneidprozess anhält. Verschlissene Dichtungen etwa am Hochdruckzylinder der Hochdruckpumpe erfordern eine höhere Hubfrequenz des Hochdruckkolbens, um den erforderlichen Schneiddruck aufrecht zu erhalten. Dichtungsverschleiß und Druckabfall erkennt das EMS an der erhöhten Kolbenhubfrequenz und gibt eine Warnmeldung auf der Bedienoberfläche der Maschinensteuerung aus. Mittels optionalem SMS-Modul erhält der Bediener remote eine Nachricht über Stillstand oder das Ende des Schneidvorgangs. Belz stellt den Vorteil heraus: „Das ist natürlich sehr nützlich bei Schneidprozessen, die über mehrere Stunden oder Schichten gehen. Herkömmliche Systeme arbeiten oft weiter, das heißt, der Schneidprozess wird trotz Düsenverschleiß und damit einhergehender schlechterer Schnittqualität bis zum Programmende fortgeführt.“

Sensorik für den mannlosen Betrieb arbeitet zuverlässig

Auch beim Global Player Omax, dessen Kunden weltweit über 6.000 Anlagen im Einsatz haben, weiß man um die Bedeutung solcher Überwachungsfunktionen. „Unsere Systeme werden sehr häufig mannlos betrieben, die entsprechende Sensorik ist vorhanden und arbeitet zuverlässig“, erklärt Ralf Winzen, Prokurist und Vertriebsleiter der Innomax AG, der zentralen Anlaufstelle für Verkauf und Service von Omax-Maschinen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Dabei gilt es, sowohl vorhandene als auch neu ausgelieferte Omax-Anlagen stets maximal nutzen zu können. Sowohl unsere Softwareentwicklung als auch die Erhöhung von Standzeiten neu entwickelter Verschleißteile tragen zur Werterhaltung dieser Systeme bei.“ Omax arbeite daher permanent an neuen Schneidmodellen, ergänzt Winzen. Im Ergebnis sorge dies für weniger Verbrauch von Strom, Wasser und Abrasiv bei gleicher Schneidleistung und noch höherer Präzision. Der Anwender kann aber auch bei gleichem Ressourceneinsatz schneller schneiden. Damit spricht Winzen ein weiteres aktuelles Thema an: Ressourceneffizienz beschäftigt sowohl die Anlagenhersteller als auch die Anwender.

Vor allem der als Abrasiv genutzte, scharfkantige Granatsand ist teuer. Viele Hersteller arbeiten daher daran, die Effizienz ihrer Anlagen zu erhöhen und verbrauchten Granatsand zu recyceln. Dazu muss der Schlamm aus Abrasiv und dem abgeschiffenen Metall aufbereitet werden. Hierzu gibt es einerseits zentrale Anbieter, die den Abrasivschlamm abholen und in Großanlagen aufbereiten, andererseits werden in den letzten Jahren verstärkt lokale Aufbereitungsanlagen angeboten.

STM zeigt Modul zur Wiederaufbereitung

STM hat auf der Euroblech unter anderem ein Modul innerhalb seines Allroundsystems zur Wiederaufbereitung One Clean gezeigt, das bis zu 55% des eingesetzten Abrasivs recycelt. Bei einem Verbrauch von 50 t Abrasiv pro Jahr rechnet STM eine Amortisierung der Aufbereitung in drei bis fünf Jahren vor, die sich hauptsächlich aus Einsparungen bei Beschaffung, Transport und Entsorgung ergeben. Trotzdem zeigt bereits die Recyclingrate, dass der Prozess nicht endlos durchfzuführen ist. Bei jedem Schneidvorgang wird nicht nur vom zu schneidenden Bauteil Material abgetragen, sondern auch die Korngröße und –geometrie des Abrasivs verändert. Damit verringert sich seine Recyclingfähigkeit kontinuierlich. Trotzdem bleibt die Aufbereitung des Abrasivs ein Schritt mit Zukunftspotenzial. So hängt der Preis für Granatsand unter anderem von den Lieferländern ab. Eine im Sommer 2017 spürbare Verknappung aufgrund von Lieferengpässen in großen indischen Lagerstätten ist mittlerweile ausgeglichen. Dennoch scheint Recycling lohnenswert, vor allem aus Gründen der Ressourcenschonung. Bereits 2014 hat das United Nations Environment Programme vor dem steigenden Sandverbrauch und den damit verbundenen Auswirkungen auf Ökologie und Ökonomie gewarnt. Allerdings ist hier eher die Bauindustrie gemeint, deren Sandverbrauch deutlich höher ist als bei den Wasserstrahlschneidern.

Das Herz der Anlagen: Wasserstrahlpumpen

Es kommt neben dem Abrasiv auch auf den Wasserdruck an. Diesen liefern spezielle Pumpen von Herstellern wie Hypertherm, KMT, oder auch Resato, Omax, BFT, Perndorfer oder Hammelmann. Die Pumpen fungieren dabei als Herzstück der Anlage und stellen je nach Anwendung Drücke bis zu 6.000 bar bereit. Dabei ist zu unterschieden zwischen den hydraulischen Drückübersetzterpumpen und den als effizienter geltenden Direkantriebspumpen. Hypertherm hat auf der Euroblech eine neue Generation von Wasserstrahlpumpen – seine HyPrecision Predictive – vorgestellt. Sie ist mit Funktionen wie der Advanced Intensifier Technology und neuen patentierten Technologien ausgestattet, die sich an Druck und Temperatur, Ölviskosität sowie an die Verschleißteile des hydraulischen Systems anpassen. Spezielle Techniken machen es möglich, Dichtungen um bis 40% länger zu verwenden. Auch der US-amerikanische Hersteller KMT kündigte eine Evolution seiner etablierten Serie Streamline Pro III an. Dazu zeigte er auf dem Messestand die Streamline Pro IV, die mit deutlich reduzierter Aufstellfläche und effizienterer Leistungsbereitstellung überzeugen soll.

cd

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