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Foto: Frauenhofer IWS

Umformtechnik

Trockenes Tiefziehen

Um beim Tiefziehen ohne Schmiermittel auszukommen, versahen Forscher der TU Dresden und des Fraunhofer IWS Umformwerkzeuge mit Makrostrukturen und einer mikrostrukturierten Verschleißschutzschicht. Vorteil: Die Reinigung der Teile vor der Weiterverarbeitung entfällt.

Das Tiefziehen liefert in der Großserienfertigung hat in vielen Branchen einen festen Platz, kommt allerdings nicht ohne Schmiermittel aus. Der Schmierstoff reduziert die Reibung zwischen Werkzeug und Blech und minimiert so den Verschleiß des Werkzeugs. Es gab auch bisher schon Möglichkeiten die Schmiermittelmenge zu senken. Hilfsmittel waren hier z.B. das Beschichten des Werkzeugs mit einer Hartchromeschicht oder das Präparieren der Oberfläche mittels speziellem Schleifen. Leider wirkt die Massenproduktion dem entgegen, denn sie verlangt schnelles Tiefziehen, wodurch der Schmierstoffverbrauch wieder steigt. Aber auch komplexe Formwerkzeuge brauchen deutlich mehr Schmiermittel.

Und ist dann das Bauteil geformt, muss das Schmiermittel wieder entfernt werden, denn es stört bei der Montage. Dazu braucht die Industrie meist größere Reinigungsanlagen in denen Lösungsmittel wie z.B. PER, u.U. zusätzlich noch Ultraschall zum Einsatz kommen. So addieren sich zu den Millionen Tonnen Schmiermitteln und noch eine entsprechende Menge an Reinigungsmitteln, die teuer entsorgt werden muss. Rechnet man alles zusammen, so dürften ca. 15% der Kosten eines Bauteils nur fürs Schmieren und Reinigen weggehen. Ein Schmiermittelverzicht wüde so dem Unternehmen eine Menge Geld sparen und auch die Umwelt hätte ihren Vorteil davon.

Um auf Schmiermittel verzichten zu können, müsste man die Reibung so stark reduzieren, dass z.B. keine Bodenreißer oder ähnliches auftreten, die das Bauteil versagen lassen und ein stabiles, konstant großes Prozessfenster garantiert ist. Eine Möglichkeit die Reibung zu reduzieren ist das Aufbringen einer verschleißfesten Beschichtung. Dazu kommen das Makro- und Mikrostrukturieren der Werkzeugoberflächen. Wirtschaftlich Sinn macht das aber nur, wenn diese Strukturen schnell und flexibel auch auf größeren Oberflächen aufzubringen sind.

Voraussetzung dafür, um auf Schmiermittel verzichten zu können ist, dass die Kontaktflächen zwischen Werkzeug und Bauteil so klein als möglich sind. Die Makrostrukturierung, konventionell erzeugt, im Flanschbereich leistet das und minimiert so die Reibkräfte. Für eine höhere Stabilität des Blechs gegen Faltenbildung wird der Niederhalter beim Tiefziehen leicht in die Matrize ‚eingetaucht‘. Dies erzeugt eine wellenartige Struktur im Blech, wodurch das Flächenträgheitsmoment des Bleches ansteigt und so die Gefahr der Faltenbildung minimiert. „Mit diesen Markostrukturen im Flanschbereich lässt sich zusätzlich auch der Materialfluss sehr gut einstellen“, bestätigt Prof. Alexander Brosius, Lehrstuhl Formgebende Fertigungsverfahren an der TU Dresden.

Allerdings kann man solche Makrostrukturen nicht im Ziehringradius erzeugen. Um hier trotzdem Verschleiß und Reibung zu minimieren hilft eine extrem verschleißarme Schicht aus diamantartigem Kohlenstoff (ta-C-Schicht, tetrahedral amorphous carbon), entwickelt unter Leitung von Prof. Eckhard Beyer am Fraunhofer IWS. Dazu kommt eine Mikrostrukturierung der Schicht mittels Laser. Diese zusätzlichen Mikrostrukturen verringern den Traganteil und damit auch das Reib- und Verschleißverhalten der Werkzeuge. Durch eine gezielte Hybridisierung des Kohlenstoffs der Verschleißschicht entsteht ein graphitartiges Material das stark reibungsmindernd wirkt.

Nur mit konventionellen Verfahren solche großflächigen Mikrostrukturenzu erzeugen ist mehr als aufwändig bzw. nur bedingt möglich. Zur Verfügung stehen z.B. lithographische Verfahren. Die laufen aufwändig in vielen Prozessschritten ab und funktionieren nur bedingt auf räumlichen Oberflächen. Mikrofräsen oder die klassische Laserablation sind viel zu langsam und die so generierten Strukturen sind für das Trockenziehen denkbar ungeeignet.

Ein ganz anderes Potential bietet das direkte Laserinterferenzstrukturieren DLIP (Direct Laser Interference Patterning). Bei diesem Verfahren wird ein kohärenter Laserstrahl in mindestens zwei Teilstrahlen geteilt und anschließend auf der Werkstückoberfläche wieder überlagert. Das so erzeugte Interferenzbild zeigt eine periodische Variation der Laserintensität im gesamten Überlagerungsbereich der Laserstrahlen und dieser Überlagerungsbereich ist räumlich. So können nicht nur Flächen bis zu mehreren Quadratzentimetern mit einem einzigen Laserpuls, also in einem Prozessschritt ohne zusätzliche Maske strukturiert werden, diese Flächen können auch gekrümmt sein. Tests bei Raumtemperatur und bei Ziehgeschwindigkeit von 100 mm/s und einem Anpressdruck von 50 MPa ergaben für die mikrostrukturierte Verschleißschicht ca. 90% weniger Reibung verglichen mit der unstrukturierten, unbeschichteten Werkzeugoberfläche.

Momentan schafft das DLIP 0,36 m2min-1 auf Metall. Mit geeigneten DLIP-Bearbeitungsköpfen, leistungsstarken Lasersystemen und einer speziellen Strahlführung bzw. -formung lässt sich die Prozessgeschwindigkeit auf mehrere Quadratmeter pro Minute steigern.

„Bei der Herstellung hochaufgelöster periodischer Strukturen in einem Prozessschritt werden bald Strukturierungsgeschwindigkeiten bis 5 m2min-1 auf 3D-Oberflächen möglich sein“, ist sich Prof. Andrés Fabián Lasagni, Lehrstuhl für laserbasierte Methoden der Oberflächenstrukturierung, TU Dresden sicher. Außer mit leistungsstarken Lasersystemen lässt sich die zu strukturierende Fläche pro Puls auch z.B. mit einer Laserquelle hoher Kohärenz weiter erhöhen. Und/oder der Einsatz eines scannerbasierten DLIP dürfte ebenfalls eine deutliche Leistungssteigerung bringen.

Der DLIP-Kopf ist dabei sehr ‚industriefreundlich‘, denn er kann einfach in bestehende Anlagen integriert werden und die gleichen Konturen abfahren wie etwa eine ‚normale‘ Fräsmaschine. Dazu ist auch der finanzielle Aufwand überschaubar. Im besten Fall, sofern der zukünftige Anwender eine passende Laserquelle ha, benötigt er nur einem DLIP-Kopf.

Und das DLIP-Verfahren lässt sich in vielen weiteren Anwendungen einsetzen. Durch Anpassen der optischen Eigenschaften lassen sich auf Metalloberflächen dekorative Effekte erzeugen, die zugleich auch als Waffe gegen Produktpiraterie eingesetzt werden können. In der Medizin hat man festgestellt, dass Bakterien auf solchen Mikrostrukturen nicht gedeihen können, die Strukturen funktionieren also antibakteriell. Weiter könnten diese Strukturen auch das bessere Einwachsen von Implantaten unterstützen. Dank Lotuseffekt sind auch selbstreinigende Oberflächen machbar, die Unmengen an Reinigungsmitteln einsparen könnten. (Barbara Stumpp)

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