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Foto: Fronius International

Schweißen

Stabile Verbindungen dank geringerem Wärmeeintrag

Das thermische Fügen unterschiedlicher Materialien ist eine Herausforderung im Leichtbau. Magna Steyr setzt dafür einen von Fronius entwickelten "kalten" Prozess ein.

Das Gewicht von Fahrzeugen lässt sich durch den Einsatz von Materialien wie Aluminium oder faserverstärkten Kunststoffen deutlich reduzieren. Moderne Fahrzeuge zeichnen sich daher durch einen bis ins Detail ausgetüftelten Materialmix aus, jedes einzelne Teil ist auf optimale Funktion bei minimalem Gewicht ausgelegt. Die Werkstoffe, die in ihren Eigenschaften sehr unterschiedlich sind, miteinander zu verbinden, stellt jedoch eine große Herausforderung dar.

Schwierigkeiten bei der Verbindung von Stahl mit Aluminium

Zu den am häufigsten genutzten Kombinationen im automobilen Leichtbau zählt die Verbindung von Stahl mit Aluminium. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit verschweißen die Hersteller Bauteile aus Aluminium im Flanschbereich mit verzinkten Stahlblechen, so dass sie in der Rohbaulinie mit dem herkömmlichen und günstigen Punktschweißverfahren gefügt werden können. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass die beiden Materialien sehr unterschiedliche physische und chemische Merkmale aufweisen, zum Beispiel bei der thermischen Ausdehnung, der Wärmeleitung und Korrosionsbeständigkeit. Dies wirkt sich auf die Qualität und Festigkeit der Schweißverbindung negativ aus. Auch die Umformbarkeit in anschließenden Fertigungsprozessen ist stark eingeschränkt. Der Grund dafür liegt in der intermetallischen Phase, die sich beim Schweißen von Stahl und Aluminium an der Stelle bildet, wo sich die beiden Materialien berühren und miteinander verschmelzen. Die Schicht ist spröde sowie anfällig für Risse und Poren – das beeinträchtigt die Stabilität der Verbindung.

Mit diesem Problem befasste sich auch der internationale Automobilzulieferer Magna Steyr. Das Unternehmen mit Hauptsitz im österreichischen Graz entwickelt und produziert Einzelkomponenten sowie komplette Fahrzeuge und setzt bei seinen Karosserien ebenfalls auf Leichtbau. Um die Kosten für die Fertigung von Stahl-Aluminium-Schweißteilen zu senken, untersuchte Magna Steyr den Fügeprozess detailliert und kam zu dem Ergebnis, dass dabei die Temperatur einen entscheidenden Einfluss auf die Nahtqualität hat.

Cold Metal Transfer (CMT): Kalter Schweißprozess sorgt für Stabilität

Der Wärmeeintrag während des Schweißens bestimmt maßgeblich die Dicke der intermetallischen Phase. In den Versuchen der Ingenieure stellte sich heraus, dass diese idealerweise nicht mehr als zehn Mikrometer betragen sollte, um eine stabile Verbindung sicherzustellen. Dafür mussten die Experten den Temperaturverlauf optimal steuern – oberhalb der Schmelztemperatur von Aluminium, aber unterhalb der Verdampfungstemperatur der auf den Stahlblechen aufgebrachten Zinkschicht. Bei den meisten Lichtbogenverfahren ist dies jedoch nicht umsetzbar. Die Lösung fand Magna Steyr schließlich im Cold Metal Transfer (CMT), dem von Fronius entwickelten „kalten“ Schweißprozess.

Kurze Lichtbogen-Brennphase reduziert den Wärmeeintrag

Das CMT-Verfahren reduziert den Wärmeeintrag im Vergleich zu anderen MIG/MAG-Prozessen deutlich. Das Geheimnis liegt in der digitalen Prozessregelung, die Kurzschlüsse selbstständig erkennt und durch das Rückziehen des Drahtes die Tropfenablöse unterstützt. Beim Schweißen bewegt sich der Draht vor – und sobald der Kurzschluss erfolgt, wird er wieder zurückgezogen. Dadurch wird die Lichtbogen-Brennphase sehr kurz gehalten und der Wärmeeintrag reduziert. Das Verfahren ermöglicht zudem eine stufenlose Anpassung des Energieeintrags in das zu schweißende Bauteil. Der Anwender profitiert von einem spritzerfreien Werkstoffübergang und optimalen Schweißergebnissen. CMT eignet sich damit ideal zum Schweißen von Stahlverbindungen mit CO2 und anderen Schutzgasen.
Auch für das Fügen von Stahl mit Aluminium ist es prädestiniert, weil das Stahl-Grundmaterial bei diesen Schweißlötungen nicht aufgeschmolzen, sondern nur benetzt wird. Somit bietet es für den Einsatz in der Automobilindustrie die perfekten Voraussetzungen.

Herausragende Ergebnisse

Magna Steyr hat mithilfe des CMT-Schweißprozesses sowie durch eine Optimierung des Schweißdrahtes eine Technologie entwickelt, die ein prozesssicheres Fügen von Stahl und Aluminium ermöglicht. Die genau definierte Einstellung der Schweißparameter ermöglicht es, die intermetallische Phase dünner als zehn Mikrometer zu halten. Die mechanischen Eigenschaften der Verbindung entsprechen damit allen an sie gestellten Anforderungen.

Im Vergleich zum bisher angewandten Verfahren bietet CMT zudem den Vorteil, dass nicht mehr beidseitig, sondern nur noch einseitig geschweißt werden muss. Das senkt die Kosten und erleichtert die Arbeit. Zusätzliche und teurere Fügeprozesse wie etwa Stanznieten können außerdem entfallen – was die Wirtschaftlichkeit erhöht.

Ein ausgezeichneter Prozess

Für seine innovative Verbindungstechnik hat Magna Steyr 2017 den Automotive Innovations Award erhalten, der durch das Center of Automotive Management (CAM) und Pricewaterhouse Coopers (PwC) Deutschland verliehen wird. Die Technologie konnte die Jury in der Kategorie Chassis, Karosserie und Exteriors überzeugen und ermöglichte Magna die Auszeichnung als Most Innovative Automotive Supplier.

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