Von Sebastian Schuster
Weltweit steigt die Zahl der vollelektrischen Fahrzeuge. Ihr Herzstück, die Batterie, wird dabei mit einem Gehäuse am Boden der Fahrzeuge befestigt, das aus einem schutzgasverschweißten Rahmen aus Strangpressprofilen besteht, die mit einer Blechplatte oder mit doppelwandigen Strangpressprofilen geschlossen werden. Kuka begleitet seit mehreren Jahren einen Kunden bei der Herstellung dieser Gehäuse und hat bereits drei verschiedene Anlagen geliefert. „Wir sind gemeinsam mit den Kundenanforderungen gewachsen – von der einzelnen Schweißaufgabe bis zur vollautomatisierten Produktionslinie“, sagt Patxi Blanco, Global Key Account Manager bei Kuka, der den Prozess von Beginn an begleitet hat.
Grün und günstig
Acht Roboter von Kuka stehen seit 2022 bei dem großen Automobilzulieferer in Portugal, davon drei FSW-Applikationsmodule mit dem KR Fortec in drei Cell 4 FSW Zellen. FSW steht für Rührreibschweißen (auf Englisch friction stir welding), wobei dieser Technologie eine besondere Bedeutung zukommt. Denn das roboterbasierte Verfahren liefert nicht nur hohe Schweißqualität bei guter Wirtschaftlichkeit, sondern gilt dank des geringen Energieverbrauchs auch als grüne Technologie. Nach Angaben des Kunden sind heute bereits die Kosten für einen Bahnmeter Rührreibschweißung günstiger als der äquivalente Drahtverbrauch beim Schutzgasschweißen.
Hohe Steifigkeit gefordert
Angefangen hat alles 2019, als der Kunde noch einen Anlagentyp eines anderen Herstellers nutzte und mit der Schweißqualität nicht zufrieden war. Denn bei Batteriegehäusen elektrischer Fahrzeuge sind die Anforderungen an die Nähte extrem hoch. Im Gegensatz zu Hybrid-Fahrzeugen sind die Batteriesysteme vollelektrischer Fahrzeuge größer und schwerer und werden direkt in den Boden integriert. „Das erfordert eine hohe Steifigkeit und durch die Integration in den Boden sind die Gehäuse crashrelevant. Das heißt, sie müssen enormen Kräften standhalten“, erklärt Stefan Fröhlke, Senior Manager Process Solution bei Kuka.
Anlagen bieten mehr Flexibilität
Ideal geeignet für diese Anforderungen ist das Rührreibschweißen. Um die Schweißqualität bei dem globalen Automobilzulieferer zu verbessern, entwickelte Kuka zunächst eine Anlage mit zwei Zellen und jeweils einem KR Fortec. Aufgrund der Flexibilität, auf einer Anlage unterschiedliche Batteriekästen schweißen zu können, war der Kunde so zufrieden, dass er noch im selben Jahr eine weitere Anlage bei Kuka bestellt hat. Diesmal handelte es sich um eine Zelle mit einem Roboter, der aber statt wie zuvor eine nun bereits drei Vorrichtungen bedienen konnte. Damit lassen sich drei unterschiedliche Schweißaufgaben bewerkstelligen, wofür sonst drei nichtroboterbasierte Anlagen notwendig wären. „Durch diese Lösung lassen sich zwei Anlagen einsparen und die damit verbundenen Kosten für Personal und Produktionsfläche bei gleicher Ausbringungsmenge“, sagt Patxi Blanco. Die Lösung von Kuka ist zudem sehr wirtschaftlich: Der Rührreibschweißroboter kann bis zu 95 % ausgelastet werden, da während des Schweißvorgangs die Vorrichtungen in einem eigenen Sicherheitsbereich bereits be- und entladen werden können. Zudem ist der Prozess durch den Roboter nicht nur dynamischer, sondern benötigt auch eine kleinere Grundfläche.
Aufbau und Inbetriebnahme in Augsburg
Daher blieb es auch nicht bei den beiden Anlagen. Drei Jahre später findet nicht nur der einfache Schweißprozess mithilfe von Robotern statt, sondern die komplette Produktion ist automatisiert. In drei Kuka Cell 4 FSW Zellen arbeiten nun acht Roboter in vier Schritten daran, die Batteriegehäuse entsprechend der hohen Anforderungen herzustellen. Zunächst wird die Bodenplatte geschweißt und im zweiten Schritt entgratet. Ist die Platte fertig, schweißen die Roboter den Rahmen an die Bodenplatte und entgraten schließlich in Schritt vier den gesamten Batteriekasten. „Den Aufbau und die Inbetriebnahme haben wir in unserem Werk in Augsburg umgesetzt. Dort hat der Kunde die Anlage abgenommen, weshalb die Installation vor Ort schnell und reibungslos ablief“, sagt Patxi Blanco.
Präzise Bahnführung sorgt für hohe Qualität
Speziell für den wachsenden Markt der E-Mobilität entwickelt, bietet die Rührreibschweißzelle Kuka Cell 4 FSW neben wirtschaftlicher Effizienz auch Vielseitigkeit und verschiedene Konfigurationsmöglichkeiten. „Dank einer Bahngenauigkeit kleiner 0,5 Millimeter sind hochgenaue und perfekte Schweißnähte möglich“, erklärt Stefan Fröhlke. Die präzise Bahnführung basiert zum einen auf dem Einsatz des KR Fortec 500 R2830 MT, der durch eine hohe Steifigkeit und Lebensdauer überzeugt. Zum anderen hat die lasergestützte präzise Bahnkalibrierung zum Ausgleich von Bahnabweichungen einen erheblichen Anteil daran, dass die Schweißnaht die hohen Anforderungen an Dichtigkeit und Crashverfahren erfüllt.
Neue Materialien verlängern Lebensdauer
Als besondere Herausforderung entpuppte sich im Laufe der Entwicklung die Standzeit der Rührreibschweißwerkzeuge. Durch die stetige Verbesserung von Schulter und Pin am Roboter durch Einsatz neuer Materialien und Beschichtungen konnte die Lebensdauer deutlich verlängert werden. „Damit konnte die Produktivität für den Kunden verdoppelt werden. Durch den Aufbau von zusätzlichen Lagerbeständen können wir bei Bedarf innerhalb weniger Tage zusätzlich die Versorgung sicherstellen“, sagt Patxi Blanco.
Offen für weitere Projekte
Durch das langfristige Projekt ist zwischen Kuka und dem Automobilzulieferer eine gute Partnerschaft entstanden und man ist weiterhin in Gesprächen für neue Batterieplattformen. Kuka liefert damit nicht nur die Anlage und das Engineering, sondern auch das notwendige Prozess-Know-how, um die neuen Entwicklungen aktiv zu unterstützen. Denn eines ist sicher: Die Nachfrage an Elektrofahrzeugen wird in Zukunft weiter steigen. Experten gehen davon aus, dass 2032 bereits erstmals mehr Elektrofahrzeuge als Verbrenner in Deutschland zugelassen sein werden. Und damit erhöht sich auch der Bedarf an entsprechenden Batteriegehäusen.