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Foto: Wafios

Rohrbiegen

Rohrbiegen: Wenn der Roboter dem Biegekopf folgt

Wafios stellt Twister² vor, einen Roboterbieger, bei dem Roboter und Biegekopf gemeinsam programmiert werden. Und: Der Roboter folgt Biegekopf.

von Volker Albrecht

„Wir programmieren den Roboter vollautomatisch“, sagt Wafios-Vorstand Uwe-Peter Weigmann. „Und wir fahren die Roboterachsen und die Biegekopfachsen interpolierend.“ Die Begeisterung für den Twister² (sprich: Twister square) ist offensichtlich und wird nur dadurch getrübt, dass die revolutionären Neuerungen von außen kaum zu erkennen sind. Denn erst nach einem Hinweis und auf den zweiten Blick fällt auf, dass der Robotergreifer das Rohr im Biegeprozess festhält und der Biegeachse folgt.

Roboterbieger wie der Twister bestehen aus einem Rohrlager, einem Roboter mit Greifer, einem Biegekopf und einer Ablage. Der Roboter übernimmt darin sowohl Handling- als auch Biegeaufgaben. So greift der Roboter das Rohr aus dem Rohrlager, positioniert, dreht und verschiebt es am Biegekopf und legt es nach dem Biegevorgang geordnet ab. Im Vergleich zu einer herkömmlichen Biegemaschine mit zusätzlicher Handlingseinheit für das Zu- und Abführen der Rohre kann auf die Vorschub- und Drehachsen sowie auf die Führung des Rohrs an der Biegemaschine – und damit auf einen aufwändigen Maschinenrahmen – verzichtet werden.

„Aber Roboterbieger waren nie so genau wie herkömmliche Biegemaschinen, weil eben diese Führung fehlt“, erklärt Uwe-Peter Weigmann. Denn bei den meisten dieser Maschinen lasse der Roboter das Rohr während des Biegens los, weil Roboter- und Biegeachsen nicht synchronisiert gesteuert werden können. Dazu kommt zusätzlich zum Erstellen des Biegeprogramms die aufwändige Programmierung der Roboterbewegung. „Das kennt jeder, der schon einmal einen Handlingroboter geteacht hat.“ Damit erklärt sich auch, warum Roboterbieger meist für größere Serien an Rohrbiegeteilen mit geringen Durchmessern genutzt werden.

Biegequalität wie auf einer Biegemaschine

„Auf dem Twister² erreichen wir jetzt die Biegequalität wie auf einer Biegemaschine. Wir bilden hier mit dem Roboter die Achsen nach, die auch eine Biegemaschine hat. Und außerdem haben wir noch die Freiheitsgrade für das Handling vor und nach der Biegeoperation. Ich schlage zwei Fliegen mit einer Klappe“, sagt Weigmann. Und die Investitionen in eine solche Anlage seien niedriger als der Invest in eine Biegemaschine plus einem einfachen Handlingroboter.

Damit alles zusammen in der Praxis funktioniert, haben die Wafios-Entwickler die Programmierung von Roboter und Biegekopf zusammengelegt und vereinfacht. „Wir programmieren über die Wafios-Steuerung den Biegevorgang und daraus werden dann alle Achsbewegungen, auch die des Roboters, vollautomatisch berechnet und damit das Programm generiert. Die Kollisionsbetrachtungen sind dabei eingeschlossen. Biegeachsen plus Roboter wirken wie eine einzige Maschine“, betont Weigmann. „Was wir jetzt noch machen können: Wir können die Achsen von Roboter und Maschine interpolierend fahren.“ Damit muss der Roboter während des eigentlichen Biegevorgangs nicht mehr anhalten und die Greiferzange öffnen. Der Roboter kann stattdessen mit der Biegeachse mitfahren, und zwar völlig synchronisiert.

Da der Roboter den Bewegungen der Biegeachse in jedem Moment folgt, behält der Greifer seine Position am Rohr. Das verbessert die Präzision der Biegeteile und verkürzt die Prozesszeiten. Die interpolierende Bewegung geht sogar so weit, dass der Roboter in geringem Maß „boosten“ kann, sofern ein Roboter mit entsprechender Kraft eingesetzt wird.

Biegeachsen und Roboter gemeinsam programmieren

Die Bedienung der gesamten Anlage erfolgt vollständig über das Wafios-Panel. Der Bediener müsse sich weder mit der Robotersteuerung auskennen, noch brauche er eine Schulung für den Roboter. Es reicht, wenn er die Biegemaschine programmieren kann.

Um eine entsprechend komfortable Steuerung aufzubauen, sind die Wafios-Entwickler tief in die Robotersteuerung eingestiegen. Entwickelt wurde das System zunächst für Kuka-Roboter, wobei die Robotersteuerung selbst erhalten bleibt, weil man den Safety-Bereich des Roboters nicht antasten wollte. Desgleichen werden auch die Transformationen aus dem Roboter genutzt, beispielsweise wenn eine virtuelle Vorschubachse benötigt wird. „Wir haben eineinhalb Jahre an der Entwicklung gearbeitet und auch ein wissenschaftliches Institut eingebunden, um tatsächlich technologischer Vorreiter zu sein“, berichtet Weigmann.

Anfang einer neuen Baureihe

Die auf der Tube vorgestellte Anlage ist das erste Modell einer neuen Baureihe. „Heute ist ein Biegekopf dort, aber da wird es in Zukunft fünf, sechs, sieben Biegeköpfe geben, die man kombinieren kann. Das reicht von Einfachbiegeköpfen bis zu Rechts-links-Biegeköpfen für verschiedene Werkzeugtypen. Das ganze System soll modular aufgebaut sein“, zeichnet Weigmann weitere Entwicklungsschritte auf.

Der gezeigte Biegekopf selbst ist neu und erlaubt Rechts-links-Biegungen. Zudem bietet er einen großen Freiraum beim Biegen. Und weil der Biegekopf auch auf der Rohrbiegemaschine BMZ 12 eingesetzt wird, stehen auch alle intelligenten Funktionen für Biegemaschinen zur Verfügung, wie beispielsweise iQSmartbend zum Unterdrücken von Rohrschwingungen.

Gleichermaßen bieten die Robotergreifer vielfältige Entwicklungsoptionen für Module. In der Erstanlage wird das Rohr in einer U-förmigen Zange aufgenommen, die es klemmt und 380°-Drehungen erlaubt. Für einfache Anwendungen kann sich Weigmann auch den Einsatz einfacher Fingergreifer und die Umsetzung der Rohrdrehungen durch Bewegungen des Roboters vorstellen.

Dazu kommen verschiedene Magazine, so dass es insgesamt einen Baukasten geben wird, aus dem sich jeweils passende Lösungen zusammensetzen lassen. Das Gesamtsystem ist dabei offen und bietet die Möglichkeit, beispielsweise Fügeoperation oder Rohrendenumformungen zu integrieren. Der Aufwand dazu ist denkbar gering, denn der Roboter ist ohnedies in der Anlage vorhanden. Und Wafios untersucht weitere Aspekte und Möglichkeiten, wie in dem System, beispielsweise beim Biegen größerer Rohre, der Roboter mehr Aufgaben übernehmen kann.

„Auf der Tube haben haben wir die erste Maschine gezeigt. Wenn wir in zwei Jahren wieder dort zusammenkommen, dann erwarte ich, dass hier drei Anlagen von dieser Baureihe in verschiedenen Größen und in verschiedenen Applikationen stehen. Dann werden alle sagen: Wow, jetzt hat der Roboter komplett Einzug gehalten.“

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