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Foto: Sarah Schulz
Mit der neuen Stam-Profilieranlage fertigt die Schrag-Gruppe Profile bis zu viermal schneller als bisher – reklamationsfrei.

Profilieranlagen

Überzeugt auf ganzer Linie

Coil rein – Profil raus: Schrag Kantprofile fertigt seine Profile mit einer hochautomatisierten Profilieranlage direkt vom Coil. Und ist dabei bis zu viermal schneller als bisher.

Seit etwa 30 Jahren fertigt die Schrag am Standort Seevetal-Meckelfeld bei Hamburg Pfettenprofile sowie Riegel und Lichtbandzargen. Der 1892 gegründete Unternehmensverbund mit derzeit 15 Standorten im In- und Ausland begann bereits in den 60er Jahren, sich auf die Produktion von Kantprofilen für den Industrie- und Gewerbebau zu spezialisieren. Hierbei setzte Schrag von Beginn an vor allem auf die Kanttechnik, während viele Wettbewerber Rollformanlagen nutzten. Dieser Unterschied brachte entscheidende Vorteile mit sich: „Wir bekamen Anfragen von Kunden, die nur kleinere Mengen benötigten. Viele andere Fertiger konnten nur Lieferzeiten von mehreren Wochen anbieten, da die Rollformanlagen erst umgerüstet werden mussten. Wir konnten mit der Kantbank hingegen sofort reagieren“, erinnert sich Ingo Kleinau, Niederlassungsleiter Hamburg der Schrag Kantprofile GmbH. Das Unternehmen drang so durch die Kanttechnik und die damit verbundene Schnelligkeit in den Markt ein. Wenige Jahre später gründete die Schrag Gruppe ein eigenes Ingenieurbüro, das Kunden bei Fragen der Statik unterstützt und auch eine Beratungssoftware anbietet. Die Gruppe bietet so als Verband vernetzter Spezialisten ganzheitliche Lösungen für Dach und Fassade im Metallleichtbau. Das Rezept funktionierte: Derzeit weist allein der Standort bei Hamburg einen Output von jährlich etwa 6.000 bis 7.000 t vor.

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Seit etwa 30 Jahren fertigt die Schrag am Standort Seevetal-Meckelfeld bei Hamburg Pfettenprofile sowie Riegel und Lichtbandzargen.
Foto: Schrag
Seit etwa 30 Jahren fertigt die Schrag am Standort Seevetal-Meckelfeld bei Hamburg Pfettenprofile sowie Riegel und Lichtbandzargen.

Die Zeiten ändern sich

Doch der Markt schläft nicht und Technologien verbessern sich stetig: „Wir waren schnell, konnten jede Stunde ein anderes Profil herstellen. Die Rollformtechnik war damals sehr langsam. Heute merken wir, dass sich das Rollformen auch weiterentwickelt hat. Die Rollformer rüsten ebenfalls innerhalb von Minuten um. Das war der Punkt, an dem wir uns entschieden haben, selbst in neue Anlagen zu investieren“, so der Niederlassungsleiter weiter. Schrag ging bei der Auswahl sehr sorgfältig vor. Kriterien waren neben der Schnelligkeit die Genauigkeit der Maschinen, die Möglichkeit, höherfeste Stähle zu verarbeiten und am Ende auch die Kosten pro produziertem Profil. Es wurden mehrere Möglichkeiten miteinander verglichen, von automatisierten Kantlinien über die Zuhilfenahme von Robotern bis zu Profilieranlagen. Während Handlingroboter aufgrund der umständlichen Handhabung der bis zu 16 m langen Profile schnell ausschieden, blieb dennoch die Frage:

Kanten oder Rollformen?

Inzwischen kann sie Kleinau selbst beantworten: „Wenn wir auf die Qualität schauen, schlägt das Pendel zur Rollformtechnik aus. Bei der Kanttechnik läuft der Prozess so ab, dass wir die Platine auf einer Matritze positionieren und mit dem Stempel in das Prisma drücken. So entstehen konstruktionsbedingt Kantmarkierungen, die es beim Rollformen nicht gibt.“ Die Schrag Gruppe entschied sich daher für die Anschaffung einer ersten Profilieranlage für das Werk in Polen. Diese war primär auf die polnischen Markbedürfnisse ausgerichtet. Beim Hersteller fiel die Wahl auf den italienischen Anbieter Stam. Stam ist ein in zweiter Generation inhabergeführtes Unternehmen, das über zwei Werke in Spanien und Italien verfügt und weltweit etwa 150 Mitarbeiter beschäftigt. Es kann bereits 60 Jahre Erfahrung im Sonderanlagenbau mit Fokus auf Profilier-, Querteil- und Längsteilanlagen vorweisen. „Das war eine jahrelange Entscheidung. Ich würde schätzen, fünf Jahre haben wir den Maschinenmarkt untersucht, Anbieter kontaktiert. Am Ende hat die Firma Stam das bessere Paket geliefert“, erinnert sich Kleinau. 2019 nahm die Gruppe, die weltweit etwa 500 Mitarbeiter beschäftigt, die Linie dann in Betrieb. Schrag machte in den folgenden Monaten gute Erfahrungen mit der Pilotanlage in Łódź – so gute, dass das Modell wenig später auch für Deutschland als Referenz dienen sollte. Die Erkenntnisse aus der ersten Anlage flossen dabei in die neue Anlage mit ein. Gleichzeitig sollte der Automatisierungsgrad deutlich angehoben sowie deutsche Marktbedürfnisse berücksichtigt werden.

Flexible Profilieranlagen

Stam hat seine Maschinen für die Coilverarbeitung an die Forderungen der Industrie angepasst und das „flexible Profilieren“ entwickelt.
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Zweite Anlage in Deutschland

„Es waren mehrere Iterationsschleifen notwendig, bis wir bei der letztendlichen Konfiguration angelangt waren“, schmunzelt der Niederlassungsleiter bei der Erinnerung. Denn Schrag wollte nicht irgendeine Maschine, sondern genau die Anlage, die zu den eigenen Bedürfnissen passte. Das verlangte auch den Konstrukteuren von Stam einiges ab. Zu den Wünschen von Schrag gehörte eine Rotationsstanzgruppe, eine Rückwickelautomatik, die das Coil möglichst schnell und sauber wieder aufrollt, und die Möglichkeit, durch die Profil-Designs seinen Kunden ein Alleinstellungsmerkmal bieten zu können. Die Ingenieure von Stam konnten schließlich alle Wünsche erfüllen. Andrea Barazza, zuständiger Verkaufsleiter bei Stam, merkt dazu an: „Stam ist immer bemüht, seine Produkte zu verbessern. Das funktioniert für uns vor allem in Kooperation und partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Kunden wie hier mit Schrag. Es ist wichtig zu verstehen, was der Kunde will, und die beste Lösung vorzuschlagen, mit der sich dieses Ziel erreichen lässt.“ Im Januar 2021 gab Schrag die Anlage und gleichzeitig eine Werkserweiterung in Auftrag, da die bestellte Linie mit etwa 60 m Länge nicht in die Halle in Seevetal-Meckelfeld passte.

Stam veranschlagte etwa ein Jahr Lieferzeit. „Und dann hat uns die Baubehörde im Stich gelassen. Wir mussten um Verschiebung der Lieferung bitten, weil wir zum angekündigten Liefertermin nicht empfangsbereit waren. Stam war zum Glück sehr entgegenkommend“, so der Niederlassungsleiter. So ging die Anlage dann mit etwas Verspätung im Juni 2022 in die Montage und Anfang September in Betrieb.

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Schrag-Niederlassungsleiter Ingo Kleinau (links) und Stam-Verkaufsleiter Andrea Barazza haben bei der Konzeption der Anlage eng zusammengearbeitet.
Foto: Sarah Schulz
Schrag-Niederlassungsleiter Ingo Kleinau (links) und Stam-Verkaufsleiter Andrea Barazza haben bei der Konzeption der Anlage eng zusammengearbeitet.

Sechzig automatisierte Meter Hightech

Der Hamburger Schrag-Standort benötigt jetzt für die Fertigung der marktgängigen C- und Z-Profile lediglich Coils und ein bis zwei Mitarbeiter – den Rest erledigt die hochautomatisierte Hightech-Anlage. Der Weg des Coils beginnt auf einer Bandfähre, die als Pufferlager fungiert, bevor mit dem Bundhubwagen die Haspel bestückt wird. Die Bestückung erfolgt vollautomatisch und beinhaltet das Wiegen und Vermessen des Coils. Da Schrag in eine Doppelhaspel investiert hat, ist der Betrieb der Linie währenddessen ununterbrochen möglich. Von der Haspel geht es vollautomatisch über die Richteinheit und die Bandschlaufe per Walzenvorschub zu den Stanzen. Es gibt insgesamt drei Stanzmodule: eine rotierende Stanzgruppe, eine Doppelstanze und eine flexible Punching-Press. Mit der Stanzgruppe lassen sich schräge Schnitte, beispielsweise für Gehrungen, sowie Löcher verschiedener Größen anbringen. „Die Rotation ermöglicht es, an beliebigen Positionen zu stanzen und dadurch sogar zu nibbeln“, bemerkt Barazza. Die Presskraft beträgt 70 t, sodass auch Materialdicken von bis zu 4 mm bearbeitet werden können. Dann geht es in das Profiliermodul – oder auch nicht: „Eine Besonderheit bei Schrag ist, dass die Maschine bei Bedarf auch nur Platinen schneiden und stanzen kann. Hierfür verfügt sie über einen gesonderten Stapeltisch, um die Platinen auszuschleusen“, führt Barazza aus.

Bis zu viermal schneller

„Das Ziel der Maschine ist es, möglichst viele Arbeitsschritte vollautomatisch ohne manuelle Einstellungen durchzuführen“, fährt der Verkaufsleiter fort. Dafür findet die Programmierung in der Arbeitsvorbereitung statt. An der Maschine selbst muss dann vor der Produktion nur wenig eingestellt werden. „Bisher brauchte ich fünf Personen, um das gleiche Produkt herzustellen. Heute sind es ein bis zwei. Und wir sind bis zu viermal schneller“, resümiert Kleinau. Dabei hilft auch die hohe Geschwindigkeit der Anlage: zum einen die Hochgeschwindigkeitseinzugautomatik, die dank Kantensteuerung zu äußerst geringen Versetzungen führt, zum anderen zu einer spürbar verbesserten Profiliergeschwindigkeit. Aufgrund mehrerer automatisierter Korrektursektionen werden die Platinen dennoch sehr präzise umgeformt. „Außerdem lässt sich bei der Verarbeitung von Platinen gleich das erste Teil kontrollieren. So können bereits ab dem zweiten Teil Korrekturen umgesetzt werden“, ergänzt Barazza. Werden diese dann auch noch in der Datenbank hinterlegt und mit dem Coil verknüpft, werden die Korrektureingaben bei Wiederverwendung des Coils automatisch ausgeführt. Diese Maßnahmen spiegeln sich auch in der Qualität wider. „Mit dem Rollformen liegen wir in der Regel immer besser innerhalb der geforderten Toleranzen. Insgesamt sind wir sehr zufrieden: Wir haben seit Aufnahme der Produktion vor einem Jahr noch keine Reklamation von Kundenseite gehabt“, kommentiert Kleinau.

Auf alle Eventualitäten vorbereitet

Mit dem Anbau hat sich das Hamburger Werk neu „sortiert“. Während die eine Hälfte der Halle allein von der Stam-Anlage beherrscht wird, nehmen die bisher benötigten Maschinen wie Schneidanlage, Kantbank, Biegemaschine und Stanze die andere Hälfte ein. So produziert Schrag mit der Profilieranlage die alltägliche „Massenware“. Es können Blechdicken zwischen 1,5 und 4 mm bearbeitet werden. Ein Wechsel von einem Profil zum anderen ist fließend möglich, die notwendigen Einstellungen an der Maschine werden automatisch innerhalb von Minuten vorgenommen. Mit den Einzelanlagen hingegen können Sonderwünsche der Kunden erfüllt werden – ohne Stillstandszeiten bei der Profiliermaschine. So ist Schrag auf alle Eventualitäten vorbereitet.

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Schrag hat die bestehende Halle eigens für die neue Anlage erweitert.
Foto: Schrag
Schrag hat die bestehende Halle eigens für die neue Anlage erweitert.

Immer bereit für Neues

Stam hat den gesamten Prozess bei Schrag begleitet: von der Montage über die Einarbeitung bis heute. „Die Schulung fand produktionsbegleitend statt. Die Kollegen von Stam haben uns zwei Wochen unterstützt und unsere Leute learning by doing geschult“, erzählt der Niederlassungsleiter. Das war nicht immer einfach: „Es ist eine sehr komplexe Maschine und das Klavier muss man auch spielen können. Stam hat uns in jeder Lage unterstützt, aber wir mussten auch unsere eigenen Erfahrungen machen.“ Bis heute leistet Stam bei Anregungen, Fragen oder Problemen Teleservice-Support. Außerdem kann das italienische Unternehmen aufgrund der hohen Fertigungstiefe – selbst die Steuerung stammt aus dem Hause Stam – schnell und unkompliziert Ersatzteile liefern. Auch an der Software nimmt Stam auf Wunsch Änderungen vor. Diesen Service weiß Schrag zu schätzen: „Was ich noch hervorheben möchte, ist der hervorragende Support von Stam. Die Firma Stam hat beeindruckende Reaktionszeiten“, unterstreicht Kleinau. Insgesamt ist Schrag sehr zufrieden mit der Investition und sieht sich bereit für eine Verdopplung der Tonnage innerhalb der nächsten Jahre. „Wir sind uns sicher, dass das die Technologie ist, mit der wir auch in die Zukunft gehen werden.“

Blechexpo, Halle 3, Stand 3406 (Stam)

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