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Foto: Trumpf

IT-Lösungen

Künstliche Intelligenz in der Blechbearbeitung

Künstliche Intelligenz ist im Alltag längst Realität. In der industriellen Blechbearbeitung hält sie, wie erste Anwendungen zeigen, nur langsam Einzug.

Mit Siri, Alexa und Cortana ist die Künstliche Intelligenz (KI) im Alltagsleben angekommen. In der Fertigungsindustrie dagegen steht der Einsatz von KI erst am Anfang. Das liege auch daran, sagt Tom Schneider, Geschäftsführer für Entwicklung des Geschäftsbereichs Werkzeugmaschinen bei Trumpf, „dass Fehlentscheidungen im Maschinenbau im Gegensatz zu Smartphone Apps mitunter desaströse Folgen haben.“ Ein anderer Grund könnte die Zurückhaltung sein, die Industrieunternehmen bei der Freigabe ihrer Produktions- und Fertigungsdaten an Dritte an den Tag legen. Denn Künstliche Intelligenz braucht Anwendungsdaten, um zu lernen.

Einige Grundbegriffe der Künstlichen Intelligenz

Die Idee „denkender Maschinen“ ist ziemlich alt, und auch der Begriff „Künstliche Intelligenz“ oder Artificial Intelligence wird schon seit den 1950er Jahren benutzt, wenn es um maschinelle Systeme geht, die menschenähnliche Intelligenzleistungen wie Lernen, Urteilen und das Lösen von Problemen erbringen sollen. In der Vergangenheit hat das Thema KI immer wieder für mediales Aufsehen gesorgt, ohne dass der Durchbruch gelungen wäre. Aktuell seien die Voraussetzungen nach Expertenansicht deutlich besser, denn mit der Cloudtechnik stehen Rechnerkapazitäten zur Verfügung, die große Datenmengen nicht nur erfassen, sondern auch verwerten können.

Allerdings wird nicht alles, was intelligent erscheint, auch zum Bereich KI gezählt. Intelligent erscheinende Systeme, die mitunter komplexe Algorithmen einsetzen und Daten nach feststehenden Regeln verarbeiten, sind im eigentlichen Sinn nicht intelligent. Ihre Entscheidungen sind in den programmierten Algorithmen eindeutig vorgegeben. KI-Systeme hingegen „lernen“ aus verarbeiteten Daten, indem sie ihre Algorithmen anpassen. Sie kommen zu Ergebnissen, die nicht im ursprünglichen Programm festgelegt sind. Im Wesentlichen geht es dabei um das Erkennen von Mustern in großen Datenmengen und um das Ableiten von Entscheidungen.

Künstliche Intelligenz ist nicht gleich Künstliche Intelligenz. Die eine Künstliche Intelligenz, die allgemeingültige Entscheidungen trifft und damit menschenähnlich wäre, wird es nach Ansicht zahlreicher Experten so nicht geben können. Was es gibt, sind KI-Systeme, die für spezielle Aufgaben funktionieren. Wie gut sie dabei vorgehen, hängt ganz wesentlich davon ab, wie die Maschinen lernen (Machine Learning ML) und ob dabei sogar maschinelles Deep Learning (DL) eingesetzt wird. Schon beim Überblick der verschiedenen ML-Systeme (unter anderem dargestellt im Quick Guide des VDMA „Machine Learning im Maschinen- und Anlagenbau“) werden grundlegende Unterschiede deutlich. Prinzipiell wird beim Machine Learning ein Modell generiert, in dem das von der Maschine gelernte Wissen hinterlegt und verwendet wird. Diese Modelle sind in den verfügbaren Systemen speziell für eine Aufgabe ausgelegt, beispielsweise zur Maschinenüberwachung und der Vorhersage von Störungswahrscheinlichkeiten auf der Basis von Sensordaten.

Wie Modelle lernen

Damit ein solches Modell Vorhersagen treffen kann, muss es trainiert – das heißt, mit Muster- oder Beispieldaten gefüllt – werden. Dabei wird zwischen überwachtem Lernen; unüberwachtem Lernen und bestärkendem Lernen unterschieden.

Beim überwachten Lernen wird das Modell mit sehr vielen Beispielen aus Eingabe- und Ausgabewerten trainiert, die in eindeutigem Zusammenhang stehen. Das Modell ist transparent und lässt sich korrigieren, wenn es falsche Vorhersagen trifft.

Beim unüberwachten Lernen wird das System mit Eingabedaten ohne bekannte Ausgabedaten trainiert. Das Modell lernt anhand der Beispiele, wie „typische“ Daten oder Datengruppen aussehen – respektive teilt die Daten automatisch in solche Gruppen ein. Im Fall der Maschinenüberwachung wären solche Gruppen beispielsweise „Maschine produziert“, oder „Maschine in Störung“.

Beim bestärkenden Lernen werden Modelle durch Belohnung und Bestrafung trainiert. Das System generiert dabei während des Trainings immer neue Lösungsvorschläge, die beispielsweise mit einer Punktzahl bewertet werden. Ziel ist es, die maximale Punktzahl zu erreichen. Richtige Lösungen erhöhen, falsche verringern die Punktzahl, so dass das Modell seine Lösungsstrategie permanent verfeinert.

In allen Fällen hängt das Lernergebnis von der Qualität und der Menge der bereitgestellten Daten ab. Wichtig ist, dass die Eingabedaten so konzentriert sind, dass das System nur aus den Daten lernt, die mit dem Problem tatsächlich im Zusammenhang stehen. Andernfalls könnten zufällige Zusammenhänge, wie beispielsweise das Umgebungslicht, bei der Bilderkennung zu falschen Modellen führen. Schon vor diesem Hintergrund betonen Experten wie Tom Schneider, dass im Maschinenbau die Transparenz der erlernten Algorithmen unabdingbar ist.

KI für die Blechumformung

Wie der Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Blechbearbeitung aussehen kann, zeigt Trumpf am Entnahmesystem für lasergeschnittene Teile im Laservollautomaten Tru Laser 7030. Zum automatischen Lösen der Teile aus den Resttafeln wird ein System aus einzeln aktivierbaren Pins genutzt, die von unten gegen das Teil drücken, während von oben eine Saugerplatte gegenhält. Wegen des engen Schnittspalts können die Teile dabei verhaken.

Hier setzt ein KI-System ein, das dann in einem neuen Versuch eine andere Strategie für die aktivierten Pins ausprobiert. Es lernt aus Fehlversuchen und soll insgesamt die Entnahmestrategie verfeinern. „Dazu benötigen die KI lediglich Metadaten und nicht die individuellen Daten zum Produkt“, erläutert Tom Schneider. Schon um den Lerneffekt nicht zu verfälschen, wird lediglich erfasst, ob ein Versuch erfolgreich oder eben nicht erfolgreich war. Und nur diese Daten sollten die Anwender teilen. Angaben darüber hinaus, zum Beispiel zum konkreten Produkt oder die Auftragsdaten, bergen eher die Gefahr, dass falsche Zusammenhänge erkannt werden. Trumpf halte sich zudem strikt an die Vorgabe, dass die Daten alleine dem Kunden gehören.

Mit der Vielzahl weltweiter Anwenderdaten ließen sich dann auf den Servern bei Trumpf die Algorithmen verfeinern und beispielsweise am nächsten Tag allen Anwendern an den Maschinen zur Verfügung stellen. Die jeweiligen Algorithmen stünden dann „in der Steuerung der Maschine zur Verfügung – auch dann, wenn der Server bei Trumpf ausfällt“. Die KI zur Generierung der Algorithmen liegt auf den Trumpf-Servern.

Wie Maschinen besser werden

Der Einsatz von KI an Maschinen im Sinne dieses Ansatzes werde einen Paradigmenwechsel im Werkzeugmaschinenbau einleiten, meint Schneider: „Bisher sind Maschinen im Laufe der Zeit verschlissen und schlechter geworden. Das tun sie zwar immer noch, aber mit KI ermöglichen wir es, Prozesssicherheit und -stabilität sicherzustellen – und damit wird die Maschine besser.“ Im Werkzeugmaschinenbau sichere heute Sensorik alles ab, was sich vorher planen lässt. „Aber es bleibt eine statistische Wahrscheinlichkeit, dass eben das Ungeplante passiert. KI setzt dort ein, weil sie Muster erkennen kann, die der menschliche Entwickler vorher nicht denken konnte. Und das so Erlernte kann über die KI dazu beitragen, die Prozesssicherheit weiter zu erhöhen.“

Dazu allerdings bedürfe es eines tiefgehenden Fach- und Prozesswissens, um die erkannten Muster in die Prozesse zurückzuführen. Insofern kommt es beim Einsatz von KI auf das konkrete System an. Die eine „Künstliche Intelligenz“ gibt es nicht.

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