Thyssen Schachtbau ist eine der weltweit führenden Bergbauspezialgesellschaften mit über 150 Jahren Erfahrung unter Tage. Heute ist der Umbau der Grubenwasserhaltung im Rahmen der Ewigkeitsaufgaben einer der Tätigkeitsschwerpunkte des Unternehmens. Damit unterstützt es die Stiftung der Ruhrkohle AG (RAG) bei der Umrüstung der Grubenwasserhaltungsstandorte auf zentrale Brunnenwasserhaltung. Der RAG-Stiftung obliegt die Finanzierung der Ewigkeitsaufgaben, die durch den Bergbau bedingt wurden. Während des aktiven Steinkohlenbergbaus im Ruhrgebiet wurde das permanent anfallende Grubenwasser durch Pumpen nach über Tage gehoben und in naheliegende Flüsse wie Emscher, Lippe, Ruhr oder Rhein eingeleitet. Auch nach der Zechenstilllegung sickert das Regenwasser durch die Gesteinsschichten in die Gruben. Dabei löst es Mineralien wie Salze aus dem Gestein. Um die Kontamination des Trinkwassers zu verhindern, wird das Grubenwasser im Rahmen der Ewigkeitsaufgaben weiterhin gehoben und in die umliegenden Flüsse geleitet.
Energetische Nutzung des warmen Grubenwassers
Die Pumphöhe des Grubenwassers wird bis 2035 sukzessive von 900 m auf 600 m angehoben – ein Niveau, das immer noch 150 m unterhalb trinkwasserführender Schichten liegt. Durch diese Maßnahme werden die hohen Pump-, Wartungs- und Instandhaltungskosten reduziert und die Grubenwasserhaltung wird ökonomisch wie ökologisch verbessert. Langfristig sollen von 13 Grubenwasserhaltungen im Ruhrgebiet nur sechs erhalten bleiben. Diese verbleibenden Standorte werden auf Brunnenwasserhaltung umgestellt. Dadurch kann beispielsweise die Emscher komplett von der Grubenwassereinleitung befreit werden. In Pilotprojekten wird zudem eine energetische Nutzung des 20 bis 30 °C warmen Grubenwassers für Heizkraftwerke oder zur geothermischen Versorgung von Wohn- und Gewerbegebieten geprüft.
Über 6 m lang und 5 m breit
Eines dieser Pilotprojekte ist der zentrumsnahe Schacht Amalie in Essen. Auf dem umliegenden Zechengelände entsteht gegenwärtig ein neues Stadtviertel. Durch die Brunnenwasserhaltung bleibt der Zugang zur Tiefe gewährleistet. Eine temporär in den Schacht eingebrachte Pumpe bringt die Grubenwasserhöhe auf das definierte Niveau und überwacht sie. Thyssen Schachtbau beauftragte Jebens für dieses Projekt mit der Fertigung der größten von drei Baugruppen für eine mobile Fundamentplatte, die eine ebenfalls mobile Seilwindenanlage trägt. Die aus den Werkstoffen S235JR+N und S355J2+N mit APZ 3.1 gefertigte Baugruppe bringt 150 t auf die Waage. Entsprechend groß sind ihre Abmessungen: 6.300 mm lang, 5.300 mm breit und – zusammengefügt aus vier Blechen à 200 mm Materialdicke - insgesamt 800 mm dick. Für die Fundamentplatte fertigte Jebens insgesamt sieben, zwischen 5,9 und 25,5 t schwere Einzelteile, um sie anschließend zur Baugruppe zu verschweißen.
Maßgeschneiderte Anfertigung schwerer Brennteile
Jebens ist Großlagerhalter von Dillinger, einem europäischen Grobblechhersteller. Deshalb bevorratete der Brennschneidexperte sogar in Zeiten enger Materialverfügbarkeit diese hohe Tonnage an Blechen in der Dicke von 200 mm in über 6.000 mm Länge und konnte somit entsprechend kurzfristig liefern. Üblicherweise werden bei solch dicken Blechen nur Blechformate bis maximal 6.000 mm Länge bevorratet. Für Jebens sprach überdies, dass Thyssen Schachtbau einen Lieferanten suchte, der das bevorratete Material mit der gebotenen Präzision aus einer Hand schweißen, mechanisch bearbeiten und unter Überwachung durch den TÜV Rheinland lackieren konnte bei gleichzeitiger Einhaltung des engen Liefertermins. Thyssen Schachtbau errichtete und montierte nach dem Zusammenbau mit zwei kleineren Platten die Seilwinde millimetergenau auf der Fundamentplatte. Wenn der Pilot-Einsatz am Schacht Amalie erfolgreich verläuft, ist der Einsatz der mobilen Konstruktion aus Fundamentplatte und Seilwinde auch an anderen Grubenwasserhaltungsstandorten im Ruhrgebiet angedacht. So soll sie einen dauerhaften Beitrag zur Bewältigung der Ewigkeitsaufgaben leisten.