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Keine Schweißspritzer, kein Kleben, gesicherte Qualität: Alu-Punktschweißen eines Unterbodens bei Zulieferer Snop in Gent
Foto: G. Hau / Matuschek Messtechnik
Keine Schweißspritzer, kein Kleben, gesicherte Qualität: Alu-Punktschweißen eines Unterbodens bei Zulieferer Snop in Gent

Schweißen

Adaptive WPS-Programmbibliothek sichert Schweißqualität

Weltpremiere: Eine adaptive Programmbibliothek soll die Schweißqualität beim Aluminium-Widerstandspunktschweißen (WPS) bereits im Vorfeld sicherstellen.

Bei der Serienfertigung von PKW-Karosserieteilen, LKW-Kabinen und -Aufbauten, Containern oder Schienenfahrzeug-Komponenten aus Aluminium lässt sich die beim Produktionsstart erforderliche Schweißqualität jetzt bereits vorab sichern. Dies ermöglichen schweißzangenunabhängige adaptive Master-Schweißprogramme, die vor Aufbau der Produktionslinien erstellt werden können. Bei Stahl traditionell bewährt, ist die Methode nun als Teil des Schweißsystems Aluspatz+ der Matuschek Meßtechnik GmbH erstmals auch für das Widerstandspunktschweißen (WPS) von Walzblechen, Strangpress- und Gussbauteilen aus Aluminium verfügbar.

Die patentgeschützte WPS-Komplettlösung zur automatisierten Fertigung von Karosseriebauteilen mit Schweißrobotern wird bereits durch Tier1-Zulieferer von OEM wie VW, Daimler, Audi oder JLR genutzt. Sie fertigen damit Türen und andere Anhänge, Verstärkungsteile, aber auch sicherheitsrelevante Strukturelemente. Vergleichstests zu Korrosionssicherheit und Dichtigkeit punktgeschweißter Fügeverbindungen erbrachten jüngst auch sehr positive Ergebnisse mit Relevanz für die Fertigung etwa von Batteriekästen neuer Generationen von Elektrofahrzeugen. Neben PKW-Strukturteilen gehört zu den Zeit- und Kostenvorteile sichernden Anwendungsfeldern die Serienproduktion von Containern, andere NFZ-Aufbauten, Verkleidungen und Dachstrukturen von Schienenfahrzeugen oder Flugzeugkomponenten aus Aluminium. Traditionell werden hier Verbindungen mit Nieten genutzt, deren Stückkosten jedoch drastisch über jenen eines Schweißpunkts liegen; die Nieten müssen zudem stetig zugeführt werden. Die Qualitätsprüfung ist kompliziert, Korrosion häufig die Folge. Erste Produzenten setzen deshalb auch hier bereits auf Aluminium-WPS.

20.000 Schweißpunkte ohne Kappenwechsel

Bei der Suche nach einer prozesssicheren, robusten Lösung hatte das Traditionsunternehmen aus Alsdorf diverse Ansätze, darunter Metallfolien zwischen Elektrodenkappe und Werkstoff oder Ringprojektionen auf den Elektrodenkappen, getestet, jedoch als untauglich für die Serienproduktion verworfen. Die selbst entwickelte Lösung sichert Robustheit und Präzision durch einen Dreiklang aus innovativer Hardware, neuartigem Schweißkappenhandling und adaptiver Prozesssteuerung. Ein Kernelement ist eine Servo-Schweißzange, deren Elektrodenkappen aus Standard-Kupferlegierungen über eine Kugeloberfläche mit separat einstellbarem Radius und definierter Rauigkeit verfügen. Die Oberfläche wird ohne Produktionsunterbrechung und nur bedarfsabhängig von einer festen Schleifeinheit dreidimensional oszillierend in Form und Struktur konstant gehalten sowie gereinigt. Damit sinkt der Kappenverschleiß drastisch, wie sich unter anderem beim Fügen des Unterbodens eines Elektro-PKW der Premiumklasse beim Zulieferer Snop in Gent bestätigt: Fast 50 Schweißpunkte verbinden hier zwei verschieden starke Alu-Bleche.

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Ab Werkstück 1 sofort Normqualität: Industrieroboter mit Widerstandsschweißzange von Matuschek bei Magna in Salzgitter
Foto: G. Hau / Matuschek Messtechnik
Ab Werkstück 1 sofort Normqualität: Industrieroboter mit Widerstandsschweißzange von Matuschek bei Magna in Salzgitter

„Anfangs haben wir die Kappen nach jedem Bauteil bearbeitet, inzwischen sind wir schon bei drei Teilen“, sagt Snop-Schweißexperte Pascal Demey. Und die Möglichkeiten seien noch längst nicht ausgeschöpft. Bei Laborversuchen für Jaguar Landrover (UK) konnten sogar 960 Schweißpunkte ohne Bearbeitung der Elektrodenkappen mit nur unmerklichem Verschleiß gesetzt werden. Unter Praxisbedingungen sind damit bei Standard-Elektrodenkappen und -material nach ISO 5821 Zyklen von ca. 20.000 Schweißpunkten ohne Kappenwechsel real – eine Steigerung um den Faktor 20 bis 30. Auch Anhaftungen der Elektrodenkappen am Blech, die dessen Oberfläche wie die Kappen selbst ruinieren, sind beim Aluspatz+ passé. Form, Struktur und hohe Wärme- und elektrische Leitfähigkeit der Kappen verhindern ein Aufschmelzen des Werkstoffs.

In Echtzeit: Adaptive Regelung und Überwachung der Schweißqualität

Neben dieser Verringerung des Wartungs- und Nachbearbeitungsaufwands sieht Snop-Mann Demey die Stärken des Systems in der Konstruktion der Schweißzange sowie der einfach zu bedienenden Software mit ihrem Tool zur effizienten Analyse der Schweißdaten. Alle Komponenten wirkten so schnell und präzise zusammen, dass es tatsächlich eine Freude sei, damit zu arbeiten. Die adaptive Regelung des laut Philipp Matuschek, Geschäftsführer des Familienunternehmens aus Alsdorf, „weltersten Systems für eine dauerhaft qualitätssichere Serienanwendung“ gewährleistet mittels eigenentwickelter Algorithmen die Robustheit des Schweißprozesses sowie Qualität und Präzision der Verbindungen. Sie kontrolliert durchgängig die Einflussfaktoren Strom, Kraft und Zeit, erkennt Störgrößen wie Blech-Aufsprünge oder Elektrodenschiefstellungen und kompensiert schwierige Schweißverhältnisse etwa an Rändern oder Kanten. Bei schwankenden Prozessbedingungen greift sie in Echtzeit ausgleichend ein, neutralisiert auch Nebenschlusspfade des Schweißstroms, Mengenvariationen von Strukturkleb- und Dichtstoffen oder die unterschiedliche Leitfähigkeit von Knet- und Gusslegierungen bei Alu-Mischverbindungen der 5.000er bis 7.000er Klassen.

Sollte eine erfolgreiche Schweißung etwa wegen einer Anlagenstörung unmöglich sein, meldet die Qualitätsüberwachung des Aluspatz+ das sofort an die übergeordnete SPS. Fehlerhafte Bauteile können so automatisch markiert und ausgeschleust werden.

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Vor dem Serienstart: Magna-Teamleiter Felix Pfaffendorf bei Probeschweißungen zur vorgelagerten Parameter-Definition und Entwicklung der Schweißprogramm-Masterkurven
Foto: F. Pfaffendorf/Magna
Vor dem Serienstart: Magna-Teamleiter Felix Pfaffendorf bei Probeschweißungen zur vorgelagerten Parameter-Definition und Entwicklung der Schweißprogramm-Masterkurven

Alu-WPS: Keine Spritzer mehr

Zusatzaufwand durch Schweißspritzer als Folge falsch eingestellter Parameter oder nicht adaptiver Prozessführung sind nun ebenfalls weitgehend ausgeschlossen: In der Serienproduktion strukturrelevanter Sitzquerträger mit Gesamtblechstärke von über 8 mm für Jaguar Landrover liegt ihre Häufigkeit stetig unter einem Prozent, bei Snop sogar unter einem Promille. „Eine Kombination aus adaptiver Prozessregelung und integriertem Qualitätsüberwachungstool, die die hohe Sensitivität des Werkstoffs gegenüber Störgrößen neutralisiert, gab es nach meiner Kenntnis beim Widerstandspunktschweißen von Aluminium bislang nicht“, sagt Alexander Dumpies, Fachbereichsleiter Pressschweißen des Branchen-Forschungsinstituts SLV in Halle/S. Auch der Einsatz eines oszillierenden Schleifkopfes zur Überwindung der prozessstörenden Oxidschicht sei technologisch naheliegend, zuvor aber in der Serienfertigung nicht praxiswirksam umgesetzt worden.

Ganz neu: Zeitgewinn durch Programmbibliothek

Als jüngste Ergänzung kann nun jeder Anwender mit nur einer Test- oder Laboranlage aus Steuerung, Roboter, Schweißzange und E-Kappenfräsers zeitlich vorgelagert eine Bibliothek zangenunabhängiger adaptiver Master-Schweißprogramme inklusive Qualitätsüberwachung für eine Produktionslinie, ein komplettes Werk oder mehrere Produktionsstätten weltweit anlegen und pflegen. Das Prinzip bewährte sich aktuell auch in Vorfertigung und Nullserie eines Bodengruppenelements für einen vollelektrischen Transporter von VW beim Zulieferer Magna in Salzgitter. "Wir nutzen unsere Master-Datenbank, um auf einer Zange einen Parametersatz zu entwickeln und auf eine zweite Zange zu überspielen“, sagt Felix Pfaffendorf. Zusätzlich lägen die Daten für die Nutzung bei gleichen Materialparametern in anderen Werken des Unternehmens auf einem Server bereit. „Das bringt deutlichen Zeitgewinn, erleichtert die Arbeit erheblich“, so der Teamleiter Prozesstechnik.

Mit der Spatz-Software ließen sich die nötigen Masterdaten und -kurven recht simpel erstellen. Das Ergebnis entspreche fast Plug & Play – man könne mit dem Roboter an das Bauteil heranfahren und sofort produzieren. Statt der üblicherweise bis zu zehn unbrauchbaren Teile bis zur Ermittlung des idealen Parameter-Satzes hat laut Schweißfachingenieur Pfaffendorf „schon das zweite Werkstück Serienqualität“. Bei allen Vorbereitungsläufen für den Start der neuen Produktion seien auch keinerlei Schweißspritzer aufgetreten.

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Kein Aufschmelzen, kein Kleben: Schweißpunkt-Oberflächen auf Aluminium-Probeblech bei Magna (oberes Bild). Nach zerstörender Prüfung: ausgeknüpftes Probeblech für die Korrelation der Stromstärke zu Schweißpunktdurchmesser (Bild unten)
Foto: F. Pfaffendorf/Magna
Kein Aufschmelzen, kein Kleben: Schweißpunkt-Oberflächen auf Aluminium-Probeblech bei Magna (oberes Bild). Nach zerstörender Prüfung: ausgeknüpftes Probeblech für die Korrelation der Stromstärke zu Schweißpunktdurchmesser (Bild unten)

Einen „Riesen-Vorteil“ bringe obendrein die integrierte Qualitätskontrolle des Systems: Zerstörerische Prüfungen hätten bewiesen, dass es sichere Erkenntnisse zur Qualität jedes einzelnen Schweißpunkts liefere. Der Prüfaufwand verringere sich damit „um ein Vielfaches“. Pascal Demey pflichtet bei: Es sei schon erstaunlich, wie schnell das System ermögliche, die volle Produktion mit einer Qualität zu fahren, die allen OEM-Qualitätsspezifikationen entspricht. Sein Fazit: „Knowhow, Erfahrung und das stetige intensive Streben des Matuschek-Teams nach Verbesserung machen für mich den Unterschied zwischen einer guten Lösung und dem derzeit besten Aluminium-Punktschweißsystem auf dem Markt aus.“

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