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Ab Juli: EU fordert flächendeckend Effizienzklasse IE3

Laut Ökodesign-Verordnung müssen schon bald alle E-Motoren mindestens die Effizienzklasse IE3 erfüllen. Was bedeutet das für Maschinenbauer in der EU?

Zum 1. Juli 2021 ersetzt eine Neuauflage der europäischen Ökodesign-Verordnung die bislang geltenden Regelungen, und damit kommen auf Maschinenbauer ebenso wie auf Anlagenbetreiber neue Anforderungen zu, denn entsprechende E-Motoren müssen in der EU nun flächendeckend der Effizienzklasse IE3 oder höher entsprechen. Andreas Thomas, Marketing Manager Electrical Products, Siemens Smart Infrastructure, gibt einen Überblick über die aktuelle Situation.

Hintergrund: Der Stromverbauch von Elektromotoren

In der EU sind etwa 8 Mrd. Elektromotoren im Einsatz, die nach Angaben der Europäische Kommission fast 50 % des in der EU erzeugten Stroms verbrauchen. Der größte Anteil entfällt dabei auf industriell genutzte Drehstrom-Asynchronmotoren, kurz Drehstrommotoren: Sie ziehen geschätzt rund 80 % aller weltweit durch Elektromotoren verbrauchten Energie. Vor diesem Hintergrund hat die EU im Jahr 2009 die Ökodesign-Verordnung (EG) Nr. 640/2009 für Elektromotoren auf den Weg gebracht.

Lückenschluss bei der Effizienzklasse IE3

Das Energieeffizienzniveau wird darin in internationalen Energieeffizienzklassen (IE) angegeben, wobei IE1 die niedrigste und IE4 die höchste Klasse beschreibt. Die Energieeffizienz eines Elektromotors wird dabei als das Verhältnis der mechanischen Ausgangsleistung zur elektrischen Eingangsleistung berechnet. Gemäß der seit 2017 geltenden Fassung der Ökodesign-Verordnung müssen alle Drehstrommotoren mit einer Ausgangsleistung zwischen 0,75 kW und 375 kW die Energieeffizienzklasse IE3 erfüllen. Lediglich die Kombination von IE2-Motoren mit Frequenzumrichtern und sehr kleine sowie sehr große Leistungen waren zusammen mit einigen Sonderbauformen bisher noch ausgenommen. Diese Lücken werden nun geschlossen.

Die Übersicht zeigt, für welche Motoren ab 2021 bzw. 2023 das Effizienzniveau der Klasse IE3 vorgeschrieben ist.

Für welche Motoren gilt die neue Regelung?

Mit Wirkung vom Juli 2021 werden die bisherigen Regelungen durch die Verordnung (EU) 2019/1781 zur Festlegung von Ökodesign-Anforderungen an Elektromotoren und Drehzahlregelungen ersetzt. Die neuen Vorschriften gelten auch für mehrere bisher nicht erfasste Drehstrommotoren wie insbesondere: kleinere Motoren mit einer Leistung zwischen 120 W und 750 W, größere Motoren mit einer Leistung zwischen 375 kW und 1.000 kW sowie 60-Hz-Motoren, achtpolige Motoren und Einphasenmotoren (letztere erst ab Juli 2023).

Darüber hinaus wird das Anforderungsniveau steigen:

  • Dreiphasenmotoren mit einer Nennausgangsleistung zwischen 0,75 kW und max. 1.000 kW müssen bis Juli 2021 das Effizienzniveau der Klasse IE3 erreichen. Für Motoren mit einer Leistung zwischen 75 kW und 200 kW ist ab Juli 2023 sogar das Effizienzniveau der höchsten Klasse IE4 gefordert.
  • Die Verordnung enthält außerdem Vorschriften für die Effizienz von Drehzahlregelungen. Für diese gelten ebenso wie für Motoren bestimmte Informationsanforderungen, etwa in Bezug auf die Effizienz bei unterschiedlichen, durch Drehzahl und Drehmoment definierten Betriebspunkten. Dies wird Ingenieuren dabei helfen, die Effizienz ganzer Systeme zu optimieren.
  • Wie bereits in der vorherigen Verordnung sind einige, für bestimmte Bedingungen ausgelegte Motoren von den Anforderungen ausgenommen, so zum Beispiel Motoren, die in einer Flüssigkeit arbeiten (beispielsweise in Abwassersystemen).

Maschinenbauer in der EU müssen sich umstellen

Zusammengefasst müssen künftig also Drehstrommotoren im Bereich von 750 W bis 1 MW der Effizienzklasse IE3 oder höher entsprechen. Für den Maschinenbauer bedeutet das: Er muss sich unter Umständen auf andere Bauformen einstellen und sowohl mit elektrischen als auch mechanischen Anpassungen rechnen.

Finanziell könnte es sich sogar lohnen

Daher bietet es sich an, den kompletten Antriebsstrang zu betrachten: Denn nicht immer passt die Leistung des Motors zur Applikation. Vielmehr sind Motoren aus planerischer Vorsicht oft überdimensioniert und werden in der Praxis in der geplanten Größe gar nicht gebraucht. Auch eine elektronische Drehzahlanpassung wird keineswegs immer benötigt. Und viele Motoren lassen sich mit Nenndrehzahl effizienter betreiben. Gerade bei Serienmaschinen bedeutet das finanzielle Einsparpotenziale.

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Worauf Anlagenbetreiber achten müssen

Aber auch Betreiber entsprechender Anlagen sind betroffen, da sie bei einer Modernisierung oder im Fehlerfall nur noch die modernen Effizienzmotoren als Ersatz angeboten bekommen. Mit einem Austausch des Motors allein ist es dann aber nicht getan. Denn der bei Effizienzmotoren deutlich höhere Einschaltstrom kann bisher eingesetzte Schalt- und Schutzgeräte überfordern und beim Start zu Fehlauslösungen führen. Moderne Alternativen wie Motor- und Sanftstarter begegnen diesen Anforderungen hingegen perfekt. Die Produktfamilie Sirius von Siemens zum Beispiel ist komplett „IE3/4-ready“.

Was Motor- und Sanftstarter beitragen können

Die Frage, welche Art von Motorstarter die jeweils sinnvollste ist, hängt immer von der Anwendung ab. Sofern der Betrieb bei Nenndrehzahl dem Bedarf der Applikation entspricht und das relativ hohe Anlaufmoment kein mechanisches Problem erzeugt, ist ein elektromechanisch geschaltetes Schütz oder ein kompakter Motorstarter in Relaisbauweise die wirtschaftlichste Lösung. Für viele Standardanwendungen ist dies nach wie vor das Maß der Dinge.

Anders bei Anwendungen mit zum Beispiel größerer Massenträgheit: Um dabei Fehlfunktionen auszuschließen, werden bei Festdrehzahlbetrieb inzwischen häufig Sanftstarter verwendet – eine kompakte und kostengünstige Antriebslösung. Sie bieten dank vielfältiger, parametrierbarer Funktionen weit mehr Möglichkeiten für eine Anpassung an die jeweilige Applikation. Zudem wirken sie strombegrenzend im Anlauf, was gerade bei großen Lasten vom Netzbetreiber gefordert sein kann. Durch eine sogenannte Bypass-Schaltung nach Hochlauf erzeugen sie zudem nur geringe Abwärme im Schaltschrank, was eine Zwangsbelüftung oder Klimageräte überflüssig machen kann. Sanftstarter gelten daher nicht zuletzt aus Effizienzgründen als erste Wahl.

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Moderne Frequenzumrichter

Weil bei wechselnden Lasten oder unterschiedlichen Geschwindigkeiten Festdrehzahlantriebe überfordert sind, kommen in diesen Fällen Frequenzumrichter zum Einsatz. Mittels moderner Leistungselektronik ermöglichen sie es, die Drehzahl an die jeweilige Last flexibel anzupassen und bei Bedarf exakt auf dem geforderten Punkt zu halten. In manchen Ausführungen besteht zudem die Notwendigkeit, geregelt zu bremsen. Die dadurch entstehende Energie können funktionell hochwertigere Frequenzumrichter ins Netz zurückspeisen – wodurch die Stromkosten sinken.

Vorteile für Unternehmen und die Gesellschaft

Nicht zuletzt durch die bisherigen und künftigen europäischen Ökodesign-Vorschriften kann der Einsatz eines effizienteren Motors, je nach Leistung und Verwendung, über seine Lebensdauer Einsparungen von einigen wenigen Euro bis hin zu mehreren Zehntausend Euro bewirken. Im Rahmen der bisher geltenden Verordnung führte die Verwendung effizienterer Motoren zuletzt zu Energieeinsparungen in Höhe von 57 TWh im Jahr.

Unter Berücksichtigung der Gesamtwirkung der überarbeiteten Verordnung werden voraussichtlich die jährlichen Einsparungen bis 2030 auf 110 TWh ansteigen, was dem Stromverbrauch der Niederlande entspricht. Dies bedeutet, dass jährlich 40 Millionen Tonnen CO2-Emissionen vermieden und die jährlichen Energiekosten in der EU bis 2030 um rund 20 Milliarden Euro sinken werden, wie es von Seiten der Europäischen Kommission heißt.

Andreas Thomas

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